Heimatüberweisungen: Für welche Entwicklungsländer sind sie Lebensader?
Im ersten Jahr der Corona-Krise haben Arbeitsmigranten kaum weniger nach Hause geschickt – entgegen den Befürchtungen der Weltbank.
Wirtschaftsflaute, Arbeitslosigkeit, Kontaktverbote. Das erste Jahr der Covid-19-Pandemie hinterlässt bei den weltweiten Heimatüberweisungen von Arbeitsmigranten in einigen Regionen deutliche Spuren. Die Summe der an Familien, Verwandte oder Freunde geschickten Ersparnisse fiel 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 40 Mrd. Dollar auf 508 Mrd. Dollar. Allerdings hatte die Weltbank, die über die Geldtransfers Buch führt, noch im April einen weitaus stärkeren Einbruch, nämlich um 20 Prozent, befürchtet.
Das trifft unter den Empfängerländern – in der Regel Volkswirtschaften mit niedrigen und mittleren Einkommen – einige besonder schwer. Besonders auf die Geldflüsse angewiesen sind beispielsweise Indien, Mexiko, die Philippinen oder Ägypten (s.Grafik rechte Spalte).
Im weltweiten Durchschnitt sanken die Heimatüberweiseungen 2020 weniger stark als befürchtet, meldete die Entwicklungsbank im Mai 2021 – und zwar um lediglich 1,6 Prozent. Zum einen sei die Wirtschaftskrise in vielen Gastländern weniger tief ausgefallen als vorhergesagt, zum anderen hätten mancherorts auch Migranten von staatlichen Krisenhilfen profitiert. In Zeiten von Wirtschaftskrisen und Katastrophen sparen und überweisen Wanderarbeiter üblicherweise einen höheren Anteil ihrer Einkünfte. Häufig geben sie für sich weniger aus, so die Weltbank, die einschränkend jedoch hinzufügt, dass möglicherweise auch mehr Transfers erfasst wurden, weil diese stärker über offizielle Kanäle flossen, statt wie häufig im Umschlag über die Grenzen gebracht zu werden.
Alarmierend ist für die Empfängerländer dennoch, dass die ausländischen Direktinvestitionen (FDI) von Unternehmen oder Organisationen in dieser Ländergruppe – mit Ausnahme von China – um ganze 30 Prozent abstürzten: auf schätzungsweise 365 Milliarden in 2020. Schon 2019 waren die privaten Überweisungen der Arbeitsmigranten erstmals höher ausgefallen als die FDI und lagen auch über der öffentlichen Entwicklungshilfe.
Die Kosten für Geldsendungen bleiben mit durchschnittlich mehr als 6 Prozent hoch – doppelt so hoch wie das erwünschte SDG-Ziel. Häufig handelt es sich um kleine Beträge von ein paar hundert Dollar. Familien bestreiten damit häufig ihre Grundbedürfnisse an Ernährung, für Gesundheit und die Schule. Laut der Weltbank bleibt Subsahara-Afrika mit durchschnittlich 8,2 Prozent im vierten Quartal 2020 die teuerste Region, um Geld zu schicken, angeführt von Südafrika, wo es 19,6 Prozent kostet, um 200 Dollar nach Botswana zu schicken, 14 Prozent nach Simbabwe und 16 Prozent nach Malawi.
Große Gefälle zwischen den Regionen
Regional hat Covid-19 die Lebensader mancher Länder doch schwer getroffen. So sind die Heimatüberweisungen mit Zielen in Subsahara-Afrika mit minus 12,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr besonders stark gesunken. Auch im Asien-Pazifik-Raum, Zentralasien sowie in europäischen Ländern wie Bulgarien oder Georgien erhielten Familien weniger aus der Ferne. In Lateinamerika (vor allem Mexiko), Südasien (Pakistan und Bangladesch) und Nordafrika (Ägypten, Marokko, Tunesien) hingegen kamen höhere Überweisungen an als 2019.
Der Ausblick der Weltbank für 2021 und danach ist optimistisch. Für dieses Jahr wird ein Anstieg um 2,6 Prozent auf 553 Mrd. Dollar erwartet, im Jahr darauf um weitere 2,2 Prozent auf 565 Mrd. Dollar. Vor allem Lateinamerika, die Karibik und Südasien würden von höheren Transfers profitieren.