So wird ausbleibende US-Hilfe die Armut im südlichen Afrika vertiefen
Die stark vom Industriestaat Südafrika abhängige Region befürchtet wirtschaftlich den Abschwung wegen Handelssanktionen und sozial eine Überforderung der Systeme. Als Gegenwehr rückt die afrikanische Freihandelszone in den Fokus – allenfalls eine langfristige Hilfe.

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Die stark vom Industriestaat Südafrika abhängige Region befürchtet wirtschaftlich den Abschwung wegen Handelssanktionen und sozial eine Überforderung der Systeme. Als Gegenwehr rückt die afrikanische Freihandelszone in den Fokus – allenfalls eine langfristige Hilfe.
Die nach der Wiederwahl von Präsident Donald Trump angekündigten Änderungen in der Entwicklungs- und Handelspolitik der Vereinigten Staaten von Amerika (USA) sind weitreichend. Im Januar 2025 kündigte die Trump-Regierung eine dreimonatige Aussetzung der US-Entwicklungshilfe an, um die Ausgaben mit den nationalen Interessen in Einklang zu bringen. Dies gipfelte in der Schließung der US-Agentur für internationale Entwicklung (USAID), die seit mehr als sechs Jahrzehnten existierte.
Die Hilfskürzungen betrafen auch eine wichtige globale Initiative, nämlich den 2003 zur Bekämpfung der HIV/AIDS-Pandemie eingeführten Notfallplan des US-Präsidenten zur Aids-Bekämpfung (PEPFAR). Zwar wurden einige Aspekte der Entwicklungszusammenarbeit nach einem öffentlichen Aufschrei wieder aufgenommen, doch die Gesamtauswirkungen der von den USA vorgenommenen Kürzungen verheißen für die afrikanischen Länder nichts Gutes.
Einem Artikel des südafrikanischen Institute of Security Studies (ISS) zufolge könnte die Aussetzung der Entwicklungshilfe durch die US-Regierung bis 2026 schätzungsweise 5,7 Millionen Afrikaner in die extreme Armut treiben, und diese Zahl wird in fünf Jahren wahrscheinlich auf 19 Millionen ansteigen. Wird dagegen nichts unternommen, wird Afrika nur schwerlich die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) erreichen, vor allem den Abbau der extremen Armut für alle bis 2030 (SDG 1).
Noch verschärft wird die prekäre Lage der afrikanischen Länder durch Protektionismus im Handel, insbesondere die von Präsident Trump angekündigten restriktiven Handelszölle. Diese werden wahrscheinlich den zollfreien Zugang zum US-Markt untergraben, der den afrikanischen Ländern im Rahmen des African Growth and Opportunity Act (AGOA) gewährt wird. Derzeit haben 38 der 54 afrikanischen Länder Anspruch auf AGOA. Am meisten gefährdet sind kleine Volkswirtschaften wie Lesotho, deren Exporte sich auf nur wenige Märkte, darunter die USA, konzentrieren.
Auswirkungen der US-Hilfskürzungen auf afrikanische Länder
Die von den USA vorgenommenen Kürzungen der Entwicklungshilfe haben die Schattenseiten einer übermäßigen Abhängigkeit ins Rampenlicht gerückt. Während auch andere Geberländer eine entscheidende Rolle in Afrika gespielt haben, stellten die USA einen erheblichen Teil der Entwicklungsfinanzierung für den Kontinent bereit – insbesondere in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Menschenrechte. Das größte Problem der Aussetzung entsteht im Gesundheitssektor, und dort vor allem für die HIV/AIDS-Programme. In diesem Bereich hingen viele afrikanische Länder stark am Tropf von USAID und dem PEPFAR-Programm.
Das südliche Afrika ist die am stärksten betroffene Region, da es die höchste HIV/AIDS-Prävalenz in Afrika und weltweit aufweist. Seit die US-Regierung PEPFAR 2003 ins Leben rief, sind weltweit erhebliche Fortschritte bei der Bekämpfung von HIV/AIDS zu verzeichnen. Mit erheblicher Unterstützung von USAID und PEPFAR haben die meisten Länder im südlichen Afrika sich den Zielen des Gemeinsamen Programms der Vereinten Nationen für HIV/AIDS (UNAIDS) genähert.
Von besonderer Bedeutung sind die 95-95-95-Ziele von UNAIDS, wonach ein Land die HIV/AIDS-Pandemie nur dann wirksam bekämpfen kann, wenn 95 Prozent der HIV-positiven Menschen getestet werden und ihren Status kennen, 95 Prozent der HIV-positiven Menschen eine antiretrovirale Behandlung erhalten und 95 Prozent eine Virus-Suppression erreichen, so dass sie das Virus nicht auf andere Menschen übertragen können.
Zum Zeitpunkt der Aussetzung von PEPFAR waren viele Länder im südlichen Afrika, darunter Lesotho und Südafrika, kurz davor, diese Ziele zu erreichen. Simbabwe hat sie trotz seiner wirtschaftlichen Probleme nach den verfügbaren Schätzungen erreicht. Ein kürzlicher Artikel von führenden Wissenschaftlern im South African Medical Journal schätzt, dass die Einstellung der PEPFAR-Finanzierung in Südafrika ohne wirksame Übergangspläne in den nächsten zehn Jahren zu schätzungsweise 601.000 HIV-bedingten Todesfällen und 565 000 Neuinfektionen führen könnte.
Letztlich werden die jeweiligen Auswirkungen der US-Handelsbeschränkungen und der Kürzungen der Auslandshilfe in jedem afrikanischen Land unterschiedlich sein – abhängig von der wirtschaftlichen Widerstandsfähigkeit und der Fähigkeit, alternative Ressourcen intern wie extern zu mobilisieren, sowohl für Übergangsmaßnahmen als auch für langfristige Lösungen.
Wenn Südafrika niest, ist die gesamte Region erkältet
Obwohl Südafrika eine der am stärksten industrialisierten Volkswirtschaften Afrikas ist, kämpft es immer noch mit einem hohen Maß an Ungleichheit, Armut und Arbeitslosigkeit. Dies macht das Land anfällig für Unsicherheiten im globalen Handelsumfeld und in der Entwicklungszusammenarbeit. Derzeit liegt die Arbeitslosigkeit in Südafrika bei schätzungsweise 32 Prozent, während 19 Millionen arme Menschen auf staatliche Sozialleistungen angewiesen sind, was den Fiskus 284,7 Mrd. Rand (16 Mrd. Dollar) pro Jahr kostet. Hier und in anderen afrikanischen Ländern mit weniger umfassenden Sozialversicherungssystemen dürfte der Sozialvertrag zwischen Regierungen und Bürgern stärker als bisher unter Druck geraten.
Man sagt, wenn Südafrika niest, ist die gesamte SADC-Region (Southern African Development Community) erkältet. Das liegt nicht nur daran, dass die Volkswirtschaften der Region miteinander verflochten sind. Südafrika beherbergt auch den Großteil der Einwanderer aus der SADC-Region. Das südafrikanische Statistikamt schätzt, dass 83,5 Prozent der Einwanderer in Südafrika aus der SADC-Region stammen. Das Geld, das sie nach Hause schicken, ist für die Volkswirtschaften ihrer Herkunftsländer von entscheidender Bedeutung. Geht es mit Südafrikas Wirtschaft bergab, kann das zu einem intensiven Wettbewerb um wirtschaftliche Chancen zwischen Südafrikanern und Einwanderern aus der SADC-Region und darüber hinaus führen.
Handel oder Hilfe - oder beides?
Während die afrikanischen Länder versuchen, mit den wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Hilfskürzungen zurechtzukommen, werden zunehmend Forderungen nach einer stärkeren Konzentration auf die Industriepolitik und den innerafrikanischen Handel laut. Es soll also mehr die lokale Wirtschaft gefördert und die Abhängigkeit von Hilfe reduziert werden. Eine Chance aus der derzeitigen Krise wären mehr Investitionen in den innerafrikanischen Handel, der durch die Afrikanische Kontinentale Freihandelszone (AfFCTA) belebt werden soll. Bislang haben 48 von 54 Ländern das AfCFTA ratifiziert.

Doch der innerafrikanische Handel steht noch immer vor erheblichen Hindernissen. Im südlichen Afrika kam es aufgrund von Handelsungleichgewichten zwischen den Ländern zu Spannungen. Innerhalb der Südafrikanischen Zollunion (SACU), die nur die fünf SADC-Länder Botswana, Eswatini, Lesotho, Namibia und Südafrika umfasst, verhängten Botswana und Namibia vorübergehend Einfuhrverbote für landwirtschaftliche Erzeugnisse aus Südafrika. In der weiteren SADC-Region herrschte zuletzt Ungewissheit über ein mögliches Einfuhrverbot Tansanias für Agrarprodukte aus Südafrika, insbesondere für Bananen. Kurzum, die bisherige Nutzung des innerafrikanischen Handels setzt noch kein Wirtschaftswachstum in Gang, das die Abhängigkeit von Auslandshilfe verringern könnte.
In Anbetracht der restriktiven US-Zollregelungen und der Möglichkeit, dass AGOA nicht verlängert wird, müssen die afrikanischen Länder zwingend ihre Anstrengungen verdoppeln, um robuste und für beide Seiten gewinnbringende Handelsbeziehungen mit China, der EU und anderen Weltregionen aufzubauen. Leider haben es die meisten afrikanischen Regierungen versäumt, industriepolitisch vorrangig eine wettbewerbsfähige exportorientierte Wirtschaft zu fördern. Eine wirksame Industriepolitik ist unabdingbar für eine stärkere Wertschöpfung und die Entwicklung eines weltweit wettbewerbsfähigen Produktionssektors.
Schließen die EU und China die Lücke?
Im Gegensatz zu den protektionistischen Handelsbarrieren der USA und der Aussetzung der Entwicklungsfinanzierung hat die EU ihre langjährige Partnerschaft mit afrikanischen Ländern ausgebaut. Diese wurden im Rahmen verschiedener Wirtschaftspartnerschaften mit regionalen Handelsblöcken wie SADC, COMESA (Gemeinsamer Markt für das östliche und südliche Afrika) und ECOWAS (Wirtschaftsgemeinschaft der westafrikanischen Staaten) umgesetzt. Solche Partnerschaftsabkommen oder Programme zur Handelserleichterung mit regionalen Blöcken oder einzelnen Ländern sind ein Zeichen für eine positive Entwicklung der Beziehungen zwischen der EU und Afrika.
Das Gipfeltreffen zwischen der EU und Südafrika im März 2025 in Kapstadt brachte positive Ergebnisse. Südafrika wird von einem Investitionspaket der EU in Höhe von 4,7 Mrd. Euro (5,4 Mrd. Dollar) profitieren, das auf Schlüsselsektoren, Infrastrukturkorridore zur Förderung des regionalen Handels, digitale Netzwerke und Konnektivität ausgerichtet ist. Auch die Pharmaindustrie soll von 700 Mio. Euro (800 Mio. Dollar) aus dem EU-Investitionspaket profitieren – eine Investition zur rechten Zeit angesichts der Rückschläge im Gesundheitssektor nach den US-Hilfskürzungen.
In Lesotho hat die EU 10 Mio. Euro (11 Mio. Dollar) für Schlüsselbereiche wie erneuerbare Energien und die Stärkung der Zivilgesellschaft vorgesehen. Simbabwe wird ebenfalls von zollfreien Exportvereinbarungen mit der EU profitieren, was dem Land nach Jahrzehnten des wirtschaftlichen Niedergangs eine Atempause verschaffen dürfte. Die positiven Schritte in der EU-Afrika-Partnerschaft sind ein wichtiges Gegengewicht zu den negativen Folgen von Protektionismus und Handelskriegen.
China pflegt seinerseits Partnerschaften mit einzelnen Ländern und über das Forum für chinesisch-afrikanische Zusammenarbeit (FOCAC) – eine wichtige Plattform, über die China versucht, die Zusammenarbeit mit Afrika neu zu definieren. In seinen Beziehungen hat China großen Infrastrukturprojekten im Rahmen seiner Belt- and Road-Initiative Vorrang eingeräumt. Sie wurden immer wieder mit Bedenken hinsichtlich der verbundenen Verschuldung kommentiert. Die Schuldenfalle ist ein Haupthindernis für eine nachhaltige Entwicklung in Afrika. Sambia, das derzeit eine Umschuldung durchläuft, wird ein wichtiger Testfall sein. Nach einer jahrzehntelangen Wirtschaftskrise hat auch Simbabwe wichtige internationale Partner, darunter die EU, in die Umschuldung einbezogen.
Werden die USA an Einfluss verlieren?
Die Aussetzung der Entwicklungsfinanzierung durch die USA und die Verhängung von Handelszöllen sind ein schwerer Rückschlag für die Entwicklungsländer. Multilateralismus auf der Grundlage von beidseitig vorteilhaften Handelsabkommen ist die einzige Chance für eine wohlhabendere Welt. Die afrikanischen Länder sollten kontinuierlich Handels- und Entwicklungspartnerschaften mit mehreren Ländern und/oder regionalen Blöcken, einschließlich China und dem EU-Block, anstreben.
Natürlich bleiben die USA ein wichtiger Akteur in der globalen Entwicklungs- und Handelspolitik. Doch die Unsicherheit, die durch die abrupten Änderungen in ihree langjährigen Handels- und Entwicklungspolitik entstanden ist, kann sehr wohl ihre Glaubwürdigkeit als verlässlicher Partner in globalen Angelegenheiten untergraben.

Dr. Farai Mtero ist Wissenschaftler am Institut für Armut, Land und Agrarstudien (PLAAS) der Universität des Western Cape in Südafrika.