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  • Entwicklungspolitik & Agenda 2030
  • 10/2020
  • Cobus van Staden

Warum China für Afrika ein unverzichtbarer Partner ist

Die Volksrepublik hat den Ländern des Kontinents zur richtigen Zeit die richtigen Angebote gemacht. Nun ist die wirtschafliche und politische Nähe schwer zu toppen.

Staatsempfang für den chinesischen Präsidenten in Kigali bei dem AU-Vorsitzenden und ruandischen Amtskollegen Paul Kagame 2018. © Kagama via Flickr

Chinas Beziehung zu Afrika ist untrennbar mit der eigenen leidvollen Geschichte des Kontinents verbunden. Die modernen Beziehungen gehen auf den anti-kolonialen Kampf Afrikas und die Bildung der blockfreien Bewegung in Bandung (Indonesien) im Jahr 1955 zurück. Zu diesem Zeitpunkt hatte China gerade seinen eigenen kommunistischen Sieg errungen, und Afrika kämpfte sowohl gegen die europäischen Kolonialmächte als auch gegen neokoloniale westliche Kontrollversuche.

China erwies sich in dieser Ära als ein prominenter Partner im anti-kolonialen Kampf, insbesondere nachdem die Beziehungen zur Sowjetunion sich verschlechterten und der damalige Premierminister Zhou en Lai in den frühen 1960er Jahren den afrikanischen Kontinent bereiste. Die Unterstützung umfasste nicht nur die Ausbildung und Ausrüstung von Milizen, sie gipfelte auch im Bau einer Eisenbahnlinie zwischen Sambia und Tansania, die es dem Binnenland Sambia erlaubte, das damalige Rhodesien und das Südafrika der Apartheid zu meiden, die den Zugang zu Schiene und Hafen kontrollierten.

Die Tazara-Eisenbahn wurde 1975 fertiggestellt, fast am Ende der Herrschaft von Mao Tsetun. In den frühen Tagen der nachfolgenden Ära der Reformen und der Öffnung Chinas ließ das Engagement in Afrika nach. Erst in den 1990er Jahren kehrte ein dann ganz anderes China nach Afrika zurück.

China präsentiert am Sitz der AU ein Modell seiner MA60-Turboprop-Maschine. Einige dieser Flugzeuge sind in Afrika im Regionalverkehr im Einsatz. © African Union Commission

In gewisser Weise war die Tazara-Eisenbahn jedoch bereits richtungsweisend für einen Teil des späteren chinesischen Engagements. In erster Linie war und bleibt China ein wichtiger Lieferant von Infrastruktur (und Bahnstrecken) für Afrika. Und sie gab einen Vorgeschmack auf Chinas Selbstverständnis als eine Macht mit einer globalen Agenda – eine, die Afrika mit einbezieht.

Märkte und Rohstoffquellen erschließen

Chinas Rückkehr nach Afrika wurde vorangetrieben durch die "Go Out"-Strategie von Deng Xiaoping, der Chinas Staatsunternehmen drängte, externe Märkte und Rohstoffquellen zu erschließen. Chinesische Unternehmen konzentrierten sich zunächst auf den Rohstoffsektor, um Erdöl und andere Ressourcen für den boomenden Produktionssektor des Landes zu sichern. Afrikanische Länder, von denen viele noch von einer Reihe von Strukturanpassungen – auferlegt von den Bretton-Woods-Institutionen – gebeutelt waren, reagierten hoch erfreut auf solche Geschäfte.

Eröffnung eines Service Centre der AU in in Addis Abeba 2019. Peking hat schon für 200 Mio. Dollar einen Neubau für den Sitz der Afrikanischen Union spendiert. © African Union Commission

Die Beziehung entwickelte sich rasch und wurde im Jahr 2000 durch das Forum für die Zusammenarbeit zwischen China und Afrika (FOCAC) formalisiert. Das FOCAC diente in der Folge als Plattform für die rasche Ausweitung der Beziehungen. China wurde schnell zu einem wichtigen Infrastrukturbetreiber auf dem Kontinent und 2009 zu seinem größten Handelspartner.

Während sich die chinesischen Partner zweifellos auf ein relativ enges Spektrum von Tätigkeiten konzentrierten, nutzten die afrikanischen Länder das FOCAC als ein Instrument, ihre eigenen Prioritäten einzubringen, darunter eine stärkere Fokussierung auf die Friedenssicherung, eine härtere Bekämpfung der Wildtierkriminalität und mehr Konzentration auf Ausbildung und Wissenstransfer.

Eigene Prioritäten einbringen

Der alle drei Jahre stattfindende FOCAC-Gipfel wurde auch bevorzugter Schauplatz für die Ankündigung wachsender Finanzierungszuweisungen für verschiedene afrikanische Entwicklungssektoren. Sie erreichten ihren Höhepunkt mit zwei in Aussicht gestellten Finanzierungshilfen im Volumen von 60 Milliarden Dollar in den Jahren 2015 und 2018.

Chinas Präsident Xi besucht Ruandas Präsidenten Paul Kagame im Jahr seines Vorsitzes in der Afrikanischen Union (AU). © Kagame via Flickr

Diese Finanzierung erfolgte meist in einer Reihe von Kreditformen, nicht zuletzt von Großkrediten für die Errichtung von Infrastruktur. Der Kontinent leidet immer noch darunter, dass die europäischen Kolonialmächte die binnenwirtschaftliche Entwicklung aktiv behindert haben. Dazu gehört auch die vorsätzliche Unterbindung grenzüberschreitender Verkehrsinfrastruktur – ein Erbe, das dazu führt, dass Afrika nach wie vor das weltweit niedrigste Handelsvolumen zwischen seinen Regionen hat, ein bedeutender Grund für seine anhaltende Armut.

Dies ändert sich allmählich, da die afrikanischen Regierungen sowohl der grenzüberschreitenden Infrastruktur als auch dem Bau von mehr Verbindungen zwischen dem Hinterland und der Außenwelt Vorrang geben. Letzteres ist Ausdruck der Tatsache, dass Afrikas Außenwirtschaftsbeziehungen nach wie vor vom Handel mit Rohstoffen dominiert sind - das gilt auch für den Handel mit China.

Chinesische Institutionen wie die China Export Import Bank sind zu wichtigen Kreditgebern für diese neue Infrastruktur geworden. Der überwiegende Teil dieser Gelder wird in Form von Darlehen gewährt. Im Gegensatz zu vielen anderen Partnern vergibt China nicht viele Entwicklungshilfezuschüsse. Insgesamt entfallen etwa 22 Prozent der Schulden Afrikas auf China. Diese Darlehen sind gebunden, was bedeutet, dass die Ausführung der Projekte durch chinesische Auftragnehmer verlangt wird. Dies fördert auf der einen Seite die Effizienz. Verglichen mit Kreditgebern wie der Weltbank sind chinesische Projekte schnell. Bei einem kürzlich in Ghana gestarteten Vorhaben dauerte es vom Beginn der Verhandlungen bis zum Baubeginn nur 18 Monate.

Kehrseite der Medaille

Die Kehrseite der Medaille ist, dass die chinesischen Konditionen häufig äußerst undurchsichtig sind. Das beeinträchtigt die Kontrollmöglichkeiten der afrikanischen Gerichte und der Zivilgesellschaft und erhöht die Korruptionsgefahr. Diese Problematik spitzt sich derzeit zu, da verschiedene afrikanische Regierungen aufgrund der globalen Wirtschaftskrise infolge der COVID-19-Pandemie gezwungen sind, ihre chinesischen Kredite neu zu verhandeln. China hat sich der G20-Initiative zum vorläufigen Aufschub des Schuldendienstes angeschlossen, die armen Ländern Luft für die Bewältigung ihrer Gesundheitskrise geben soll.

Bei den Neuverhandlungen mit den afrikanischen Partnern beharrt Peking jedoch auf dem undurchsichtigen Ansatz, jeden Schuldner als Einzelfall zu behandeln. Dies wiederum veranlasste Afrikas kommerzielle und Eurobond-Gläubiger, ihren eigenen Umschuldungsprozess zu verzögern, aus Angst, dass chinesische Gläubiger sich bessere Bedingungen sichern. In der Folge steigt für afrikanische Länder das Risiko, dass ihnen die Zeit davon läuft und sie in Zahlungsnot geraten, während sie zugleich mit einer beispiellosen Krise kämpfen.

China international gestärkt

Die rasche Zunahme der afrikanischen Staatsschulden bei China wird langfristige Folgewirkungen haben. Während westliche Mächte wie die USA vor der Pfändung von Vermögenswerten warnen, ist dies in der Realität noch nicht eingetreten. Vielmehr werden die Schulden eher den Einfluss Chinas in multilateralen Institutionen verstärken. Peking hat bereits breite afrikanische Unterstützung etwa in der UNO aufgebaut und festigt dieses Verhältnis durch die aktive Teilnahme an UNO-Friedensmissonen auf dem Kontinent.

Die Stellung Chinas als Entwicklungspartner geht jedoch über die Rolle des Kapitalgebers weit hinaus. Chinesische Unternehmen haben inzwischen ihre westlichen Konkurrenten bei der Stärkung der Internet-Konnektivität und des Dienstleistungssektors in Afrika deutlich überflügelt. China steht auch für ein beachtliches Entwicklungsmodell, wenn man die beispiellose Wachstumsbilanz der Volksrepublik zugrunde legt.

Nirgends ist dies so sichtbar wie in Äthiopien. Das ostafrikanische Land hat sich stark auf Chinas Wachstumsmodell eines Niedriglohnsektors mit Schwerpunkt auf der verarbeitenden Industrie gestützt und setzt es in Sonderwirtschaftszonen um. Chinesische Investitionen in Äthiopiens Schuh- und Bekleidungsindustrie haben dem Land ermöglicht, sich als Exporteur auf dem europäischen Markt zu etablieren, und westliche Marken wie H&M haben ebenfalls begonnen, in Äthiopien zu produzieren.

Dies ist Ausdruck eines generellen Trends steigender chinesischer Arbeitskosten, die den Niedriglohnsektor abwandern lassen. Ein Teil der Fertigung wird in Länder wie Äthiopien ausgelagert, ein anderer geht in ärmere Provinzen in Westchina, in Industriezonen von Bangladesch und Vietnam, oder wird schlicht durch Automatisierung ersetzt. Die schlechte Stromversorgung afrikanischer Länder schränkt auch ihre Fähigkeit ein, diese Chancen zu nutzen.

China überrundet auch westliche Konkurrenten, wenn es um den aufstrebenden afrikanischen Verbrauchermarkt mit 1,2 Milliarden Menschen geht. Der chinesische Mobilfunkhersteller Transsion erzielt mit dem Verkauf preiswerter Handys, die auf die Bedürfnisse der afrikanischen Verbraucher zugeschnitten sind, beträchtliche Gewinne. Er hat ebenfalls einen Musik-Streaming-Dienst eingerichtet, der europäische Anbieter wie Spotify und Deezer in den Schatten stellt. Kern dieser Entwicklung ist der Internetausbau auf dem Kontinent durch Unternehmen wie Huawei.

Die Beteiligung von Huawei auf allen Ebenen der Internet-Lieferkette, von Unterwasserkabeln bis hin zum Verkauf von Mobiltelefonen, hat das Unternehmen zu einer gewaltigen Marktpräsenz in Afrika geführt, die durch die engen Beziehungen zu staatlichen chinesischen Finanzinstituten noch zusätzlich gefestigt wird. Es gibt einfach keinen Wettbewerber, der willens und in der Lage wäre, in Huawei's vielfältige Rollen in Afrika zu schlüpfen. Was auch erklärt, warum afrikanische Regierungen den Druck aus Washington abgewehrt haben, die Beziehungen zu dem Unternehmen wegen des Vorwurfs der Spionage zu kappen.

Bleibender führender Entwicklungspartner

Viele Aspekte des chinesischen Engagements in Afrika mögen umstritten sein, aber Chinas gegenwärtige Rolle als Entwicklungspartner ist einzigartig. Allerdings hat der Erfolg der Volksrepublik auch das Interesse anderer aufstrebender Partner wie der Türkei und der Vereinigten Arabischen Emirate geweckt. Traditionelle Partner der Entwicklungszusammenarbeit wie Deutschland sind durch den chinesischen Siegeszug in eine stärker wirtschaftsorientierte Richtung gelenkt worden.

Letztlich wünscht sich Afrika eine Vielzahl von Entwicklungs- und Wirtschaftspartnern. China wird auf absehbare Zeit der entscheidende Partner bleiben, aber der Erfolg wird hoffentlich zu mehr Wettbewerb um Geschäftsbeziehungen mit Afrika führen. Schließlich geht es um die jüngste Bevölkerung der Welt und den letzten aufstrebenden  Verbrauchermarkt der Welt, also um einen Anteil an der Zukunft Afrikas.

Foto Cobus van Staden, SAIIA.
Cobus van Staden South African Institute of International Affairs (SAIIA)

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