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  • Entwicklungspolitik & Agenda 2030
  • 06/2025
  • Dr. Kathrin Berensmann, Dr. Yabibal M. Walle

Die 4. Internationale Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung

Ein Überblick über die wichtigsten Kontroversen und Ergebnisse.

Ein Foto des Weltbank-Gebäudes.
Die Reform der Weltbank und anderer multilateraler Entwicklungsbanken spielt eine wichtige Rolle bei künftigen Finanzierung von nachhaltiger Entwicklung. © World Bank / Grant Ellis

Alle in der Welternährung geäußerten Ansichten sind die der Autor*innen und spiegeln nicht zwangsläufig die Ansichten oder die Positionen der Welternährungsredaktion oder der Welthungerhilfe wider.

1. Der Kompromiss von Sevilla

Zwei Wochen vor der 4. Internationalen Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung (FfD4) vom 30. Juni bis 3. Juli 2025 in Sevilla (Spanien) haben sich alle teilnehmenden Staaten – mit Ausnahme der USA – auf das Abschlussdokument verständigt. Das Dokument steckt für die kommenden Jahre den Rahmen für internationale Zusammenarbeit und die Politikagenden der Länder für nachhaltige Entwicklung ab.

Die Einigung auf das Abschlussdokument, den "Compromiso de Sevilla", ist ein wichtiger Meilenstein für die multilaterale Diplomatie, insbesondere im Licht des Rückzugs der USA von dem Prozess. Obwohl diese Entscheidung Anlass zur Sorge ist, überwiegt der pragmatische Erfolg, dass gegen den Widerstand Washingtons eine einvernehmliche Lösung gefunden wurde. Da die USA im Verhandlungsverlauf einen zunehmend obstruktiven Kurs verfolgten und die UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) aufkündigten, blieb der Weg voran – ohne ihr Zutun – die wohl einzige gangbare Möglichkeit, um ein substanzielles Ergebnis zu erzielen.

Die Konsequenzen der Nichtbeteiligung der USA sind dabei nicht zu unterschätzen. Es wird schwierig sein, ohne die USA Schlüsselreformen in der Entwicklungsfinanzierung voranzutreiben – besonders in Bereichen, wo der US-amerikanische Einfluss beträchtlich ist, wie etwa als Veto-Macht im Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank. Ebenso werden die Bemühungen um Fortschritte bei der internationalen Steuerkooperation wahrscheinlich auf große Hindernisse stoßen. Trotz des diplomatischen Erfolgs einer Verständigung auf das Abschlussdokument, wird seine Umsetzung in hohem Maße davon abhängen, wie diese geopolitischen Realitäten gehandhabt werden.

Im folgenden geben wir einen Überblick der wichtigsten Streitfragen, die in den einjährigen Vorverhandlungen aufkamen, und untersuchen, wie sie im Abschlussdokument behandelt - oder durch Kompromisse gelöst - wurden.

2. Strittige Schlüsselbereiche und Ergebnisse

Rückläufige öffentliche Entwicklungsleistungen

Vor dem Hintergrund einer stagnierenden und nun stark rückläufigen öffentlichen Entwicklungshilfe (ODA) – und Kürzungen wichtiger Geber wie den USA, Großbritannien, den Niederlanden und möglicherweise Deutschlands – war es ein wichtiges Signal, die Verpflichtung von Industrieländern zu staatlicher Entwicklungsfinanzierung im Umfang von 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) in dem FfD4-Dokument zu bekräftigen. Länder, die bisher keinen Zeitplan zur Erreichung des Ziels haben, werden aufgefordert werden, dies nachzuholen. Allerdings sind in dem Dokument keine Zwischenziele bis 2030/35 enthalten. Darüber hinaus enthält das Dokument die Forderung, 0,15 bis 0,2 Prozent des BNE für die am wenigsten entwickelten Länder (Least Developed Countries/LDCs) bereitzustellen.

Obwohl das Dokument eine genaue Messung der ODA verlangt, hätte eine genauere Definition der ODA, die nicht entwicklungsbezogene Kosten ausschließt, aufgenommen werden sollen. Dies hatte die G77, also die mit 134 Mitgliedern größte Gruppe der Entwicklungsländer in den Vereinten Nationen, gefordert. Zum Beispiel hatten ODA-Zuwendungen an die Ukraine einen spürbaren ODA-Rückgang an Länder in Subsahara-Afrika (SSA) zur Folge. In ähnlicher Weise werden die Süd-Süd-Zusammenarbeit von Entwicklungsländern und Dreieckskooperationen zwar ermutigt, doch werden keine finanziellen oder nicht-finanziellen Verpflichtungen von wohlhabenderen Schwellenländern gegenüber ärmeren Entwicklungsländern aufgenommen. Das Ffd4-Abschlussdokument hätte zu einer Anhebung von ODA reicherer Entwicklungsländer an ärmere Länder aufrufen und Etappenziele bis 2030/35 festlegen sollen. Auch wurde versäumt, eine klare Trennung zwischen ODA und Klimafinanzierung festzulegen, damit Doppelzählungen vermieden werden. So hätte indirekt das Prinzip bekräftigt werden können, dass Klimafinanzierung zusätzlich zu leisten ist.

Reform der Entwicklungsbanken und Sonderziehungsrechte

Die Multilateralen Entwicklungsbanken (MEB) spielen seit über 80 Jahren eine Schlüsselrolle bei der Finanzierung nachhaltiger Entwicklung. Ihre zunehmende Bedeutung spiegelte sich im finalen Entwurf des FfD4-Ergebnisdokuments (i) wider, in dem sie mehr als vierzigmal erwähnt werden – viermal so oft wie in der Addis Abeba Action Agenda der FfD3 vor zehn Jahren. Trotz dieser häufigen Erwähnung wird zumeist lediglich der Wert von MEB bekräftigt, ohne viele neue oder mutige Vorschläge zu machen. Die meisten Handlungsstränge – wie zur Unterstützung von nationalen Entwicklungsbanken, einer ausgeweiteten Kreditvergabe in Landeswährung und zur besseren Abstimmung mit nationalen Entwicklungsstrategien – erfahren bereits breite Unterstützung und verursachen wenig direkte Kosten für die Geberländer.

Kontroversere, aber potenziell transformative Themen werden dagegen nur begrenzt und nicht verpflichtend angesprochen. So werden die MEB im Abschlussdokument nur aufgefordert, "Optionen" für eine stärkere Mitsprache und Vertretung der Entwicklungsländer in ihren Führungsgremien zu erwägen – ein schwaches und unverbindliches Ansinnen. Auch die ehrgeizige Idee, die Kreditvergabe der MEB zu verdreifachen, wird weder durch konkrete Fristen noch durch konkrete Maßnahmen zur Umsetzung untermauert. Das Thema einer Kapitalerhöhung wird nur vorsichtig angesprochen ("wenn nötig") und bleibt hinter einer starken Zusage zurück.

Ein Bereich, in dem der erste Entwurf des Abschlussdokuments konkreter war, ist die Übertragung von Sonderziehungsrechten (SZR) an die Multilateralen Entwicklungsbanken. Der IWF hat SZR als Reserveguthaben eingeführt, die auf der Grundlage eines Korbs von fünf wichtigen Währungen bewertet werden. Obwohl sie keine Währung sind, können sie in andere Währungen konvertiert werden, und die Länder können sie zu niedrigen Zinssätzen nutzen, ohne das Kapital zurückzahlen zu müssen. Da die reicheren Länder ihre SZR in der Regel nicht nutzen, wurde in letzter Zeit wiederholt gefordert, dass diese Länder einen beträchtlichen Teil ihrer ungenutzten SZR – bis zu 50 Prozent – zur Unterstützung der nachhaltigen Entwicklung in Entwicklungsländern übertragen, unter anderem über die MEB. (ii)

Der Sevilla-Kompromiss unterstützt das von der Afrikanischen Entwicklungsbank und der Interamerikanischen Entwicklungsbank entwickelte Instrument zur Kanalisierung von SZR als Hybridkapital (Kapital, das Charakteristika sowohl von Eigenkapital als auch von Fremdkapital besitzt/Anm.d.Red). Dies sollte idealerweise bis Ende 2025 greifen. Eine konkrete Aufforderung an fünf Länder, dem Instrument zügig beizutreten, wurde jedoch im Vergleich zum ersten Entwurf fallengelassen. Noch besorgniserregender ist die Tatsache, dass im Schlussdokument keinem speziellen Gremium, wie etwa der UN DESA, eine Folgeverantwortung zugewiesen wurde. Die Verantwortung hängt nun von der freiwilligen Formierung einer Koalition der Willigen unter der Sevilla Platform for Action ab. Falls dies gelingt, müsste die Gruppe potenzielle Geberländer mit geringen rechtlichen Beschränkungen wie China, Japan und Großbritannien hinzuziehen, und sie müsste den Dialog mit der Europäischen Zentralbank (EZB) suchen, die sich bisher gegen die Übertragung europäischer SZR an MEB gewehrt hat.

Wie lässt sich die Schuldenkrise bewältigen?

Die Schuldensituation in den Entwicklungsländern hat sich durch mehrere Krisen verschärft, darunter die anhaltenden Auswirkungen der Pandemie, den Krieg in der Ukraine und der Klimakrise. Diese Krisen haben eine starke Nachfrage nach umfangreichen öffentlichen Ausgaben ausgelöst und gleichzeitig die makroökonomische Landschaft verändert. Dies wiederum hat zu einem Zinsanstieg geführt, der den Zugang von Entwicklungsländern zu den internationalen Finanzmärkten eingeschränkt und ihre Schuldendienstzahlungen erhöht hat. In der Folge sind die für Investitionen in nachhaltige Entwicklung verfügbaren Finanzmittel unzureichend. In 2023 hatten 54 Entwicklungsländer – fast die Hälfte davon in Afrika – netto Zinsen in Höhe von über zehn Prozent ihrer Staatseinnahmen gezahlt. (iii)

Vor diesem Hintergrund muss einigen hochverschuldeten Entwicklungsländern eine Umschuldung und, falls erforderlich, ein Schuldenerlass gewährt werden. Der "Gemeinsame Rahmen der G20 für Schuldenbehandlung" (G20 Framework for Debt Treatments) ist derzeit das einzige Instrument, das für eine umfassende Umschuldung in Niedrigeinkommensländern  zur Verfügung steht. An diesem Prozess sind die wichtigsten bilateralen öffentlichen und privaten Gläubiger beteiligt. Seit seiner Einführung 2020 haben nur vier Schuldnerländer daran teilgenommen: Tschad, Äthiopien, Ghana und Sambia.(iv)

Geldautomat in Ghana. Das Land hat als eines von nur vier Ländern an der Umschuldung im G20-Rahmen teilgenommen. © World Bank via Flickr

Im Bereich "Schulden und Schuldentragfähigkeit" erwähnt das Abschlussdokument die wichtigsten Instrumente der Global Debt Governance-Architektur. Es werden viele wertwolle Empfehlungen gemacht – auch innovative –, darunter für Reformen des G20-Rahmens, eine bessere Koordinierung unter Gläubigern und eine größere Transparenz in Bezug auf Schuldensituationen und Verträge. Darüber hinaus sieht das Abschlussdokument die Einrichtung eines globalen Schuldenregisters vor und unterstützt konditionale Klauseln in staatlichen Krediten, darunter auch Klauseln zur Klimaresilienz. Vorgeschlagen werden zudem ein Fahrplan und eine Multistakeholder-Arbeitsgruppe, um universelle Grundsätze für eine verantwortungsvolle Kreditvergabe und -aufnahme durch Staaten zu entwickeln und umzusetzen. Dazu gehören beispielsweise ein zeitnaher Dialog zwischen Gläubiger und Schuldner, ein fairer Informationsaustausch zwischen allen Beteiligten, faire Schuldnerbeteiligung, zügige und kooperative Verhandlungen, Gleichbehandlung aller Gläubiger und Bestandsschutz für bestehende Verträge. Die Grundsätze sollten an den G20-Rahmen angebunden werden.

Die größte Herausforderung wird in der Umsetzung all dieser Vorschläge liegen, insbesondere angesichts des Rückzugs der USA aus dem FfD4-Prozess und ihrer Rolle als bedeutender Gläubiger der Entwicklungsländer.

Wie können inländische Ressourcen mobilisiert werden?

Steuereinnahmen sind die wichtigste Quelle für die öffentliche Entwicklungsfinanzierung, Allerdings war die Steuerquote im Jahr 2024 in den am wenigsten entwickelten Ländern mit etwa 15 Prozent sehr niedrig. Im Vergleich dazu lag sie in Ländern mit hohem Einkommen laut IWF bei etwa 36 Prozent.  Daher werden im Abschlussdokument Reformen in dem Bereich auf nationaler wie auf internationaler Ebene gefordert.

Zu den Reformen auf nationaler Ebene gehören:

Zugleich verpflichten sich Geberstaaten, ihre Unterstützung für Entwicklungsländer beim Aufbau effizienter Steuerverwaltungen (unter Berücksichtigung digitaler Lösungen) zu verstärken.

Trotz vieler Kontroversen über Vorschläge zur Änderung internationaler Steuerregularien, insbesondere hinsichtlich der laufenden Verhandlungen über das UN-Rahmenabkommen zur internationalen Steuerzusammenarbeit (UN-Framework Convention on International Tax Cooperation), haben die Mitgliedsländer (außer den USA) in dem Kompromiss von Sevilla ihre politische Unterstützung für das Rahmenabkommen erklärt.

Die Rolle der Privatwirtschaft und des Finanzsektors

Private Unternehmenstätigkeit und Investitionen sind wichtige Triebkräfte für die Schaffung von Arbeitsplätzen, Wirtschaftswachstum und nachhaltiger Entwicklung. In vielen Entwicklungsländern sind die Investitionen nach wie vor gering, was auf wenig entwickelte Finanzsektoren, hohe Finanzierungskosten und schwierige Rahmenbedingungen für Unternehmen zurückzuführen ist. Die in der Agenda von Addis Abeba formulierte Vision, Milliarden an öffentlichen Geldern aufzubringen, um mit Hilfe von Mischfinanzierungen (Blended Finance) privates Kapital in Billionenhöhe zu mobilisieren, blieb weitgehend unerfüllt: Zwischen 2015 und 2024 wurden nur etwa 231 Mrd. Dollar mobilisiert. Zudem wurde der Großteil der Mischfinanzierung in Ländern mit mittlerem Einkommen mobilisiert. Lediglich sechs Prozent der gesamten von 2012 bis 2018 über ODA gewonnenen Privatsektorfinanzierung flossen in LDCs. (vi)

Vor diesem Hintergrund ruft das FfD4-Dokument zu energischem Handeln in drei Bereichen auf:

Die Aufrufe skizzieren auch konkrete Maßnahmen für die Regierungen von Entwicklungsländern zur Umsetzung von Politikreformen, die günstige regulatorische Rahmenbedingungen schaffen sollen. Für Geberregierungen, MEB und Finanzierungsinstitutionen hält das Abschlussdokument Vorschläge für ausgeweitete technische und finanzielle Hilfe sowie für Kapazitätsaufbau bereit.

Während diese Vorschläge breite Zustimmung finden, äußerten sich mehrere Niedrigeinkommensländer besorgt, übermäßig auf Mischfinanzierungen zu setzen. Sie warnten, dass in der Folge Gebermittel von wichtigen öffentlichen Diensten – wie Gesundheit und soziale Sicherung – auf Sektoren umgeleitet werden könnten, die für private Investoren attraktiver sind. Im Abschlussdokument wird zu Recht betont, dass bei Mischfinanzierungen die nachhaltige Entwicklungswirkung und finanzielle Hebelwirkung Vorrang haben sollten. Bilaterale und multilaterale Geber werden angehalten, Niedrigeinkommensländer bei der Erschließung von Mischfinanzierungen zu unterstützen. Sie sollten Instrumente wie Garantien und die Absicherung von Währungsrisiken anbieten, bei der Entwicklung bankfähiger Projekte helfen und technische und finanzielle Zusammenarbeit zur Verbesserung des regulatorischen Rahmens und bei Investitionen in wichtige Infrastrukturen wie Straßen und Elektrizität leisten.

Förderung einer globalen nachhaltigen Finanzarchitektur

Die Finanzmärkte sind noch nicht ausreichend an den Nachhaltigkeitszielen des Pariser Klimaabkommens und der Agenda 2030 ausgerichtet, da sie zum Beispiel immer noch fossilintensive Industrien finanzieren. Die globalen Investitionen in fossile Brennstoffe beliefen sich 2024 auf mehr als eine Billion Dollar.(vii) Es bedarf einer geeigneten nachhaltigen globalen Finanzarchitektur, um Finanzströme in nachhaltige Investitionen zu lenken und den "Rückschlägen gegen nachhaltige Finanzen" entgegenzuwirken.

Das Abschlussdokument enthält Maßnahmen zur erhöhten Transparenz in Bezug auf die Nachhaltigkeitswirkungen von Investitionen, z.B. Berichtspflichten und Klassifikationssysteme (Taxonomien) für nachhaltige Finanzen. Allerdings bleiben Regeln für die Risikobewertung und Standards für nachhaltige Finanzprodukte wie grüne Anleihen außen vor. Gleichermaßen entfiel das Ziel höherer Transparenz in Bezug auf "schmutzige" Investitionen, etwa durch „Schmutzige Taxonomien“.

Während das Ergebnisdokument politische Lösungen unterstützt, die die Interoperabilität nachhaltiger Finanzstrategien verbessern, geht es nicht so weit, auch einen internationalen Anerkennungsmechanismus für nachhaltige Finanzstandards und Taxonomien voranzutreiben.

Geber sollen sich verpflichten, im Bereich der Gestaltung nachhaltiger Geschäfts- und Finanzstrategien Maßnahmen zum Kapazitätsaufbau anzubieten. Ein konkreter Aufruf zur Umsetzung, etwa für die Einrichtung eines multilateralen Treuhandfonds für Entwicklungsländer, ähnlich der Fazilität zum Schuldenmanagement (Debt Management Facility) von IWF und Weltbank, blieb jedoch aus.

3. Die Rolle von Deutschland und der Europäischen Union

Das FfD4-Abschlussdokument zeigt, dass die Weltgemeinschaft nach wie vor entschlossen ist, gemäß dem UN-Grundsatz "Niemanden zurücklassen" bei der Bewältigung globaler Aufgaben zusammenzuarbeiten. Allerdings erfordert die Umsetzung und die Lösung vieler offener Fragen anhaltende Aufmerksamkeit. Die Organisatoren haben dafür die Sevilla-Aktionsplattform ins Leben gerufen, um dies zu unterstützen. Diese Plattform ist jedoch darauf angewiesen, dass eine Koalition der Willigen den im Sevilla-Kompromiss vorgegebenen ehrgeizigen Finanzierungsrahmen vorantreibt.

Deutschland und die EU sind aufgrund ihres langjährigen bilateralen und multilateralen Engagements, ihres ODA-Umfangs und ihrer Wirtschaftskraft gut positioniert, um in einer solchen Koalitionen der Willigen und bei der Umsetzung des FfD4-Abschlussdokuments eine führende Rolle zu übernehmen. In Bezug auf die ODA sollten sich Deutschland und die EU öffentlich Etappenziele auf dem Weg zur 0,7 Prozent-Marke des BNE setzen – möglichst bis 2030/35 und davon mindestens 0,2 Prozent des BNE für LDCs.  

Ihre Führungsrolle bei der Reform der MEB sollten Deutschland und die EU fortsetzen und umfassendere Governance-Reformen im internationalen Finanzsystem unterstützen, um weiteren Vertrauensverlust in Institutionen wie IWF und Weltbank zu verhindern. Sie sollten sich auch für eine Kapitalerhöhung bei der anstehenden Überprüfung der Weltbank-Beteiligungen einsetzen, um sicherzustellen, dass das erweiterte Mandat nicht zu einer Verwässerung der zentralen Entwicklungsziele führt. Darüber hinaus sollte die EU die EZB auffordern, ihre Position zu überdenken und die Weiterleitung europäischer Sonderziehungsrechte an die MEB nicht länger zu blockieren.

Deutschland und die EU sollten die Reform des Gemeinsamen Rahmens der G20 unterstützen und sich an der Entwicklung und Umsetzung universeller Grundsätze für eine verantwortungsvolle staatliche Kreditvergabe und -aufnahme beteiligen.

Im Hinblick auf den im Abschlussdokument zugesagten Kapazitätsaufbau zur Mobilisierung inländischer Ressourcen sollten Deutschland und die EU ihre bilaterale technische Unterstützung für Länder mit niedrigem Einkommen verstärken und dies im Zuge ihrer Mandate in internationalen Finanzinstitutionen befördern.

Die Bundesregierung spielt auch eine Schlüsselrolle darin, Entwicklungsländer bei der Erschließung privater Finanzmittel zu unterstützen. Ihre Durchführungsorganisation GIZ und ihre Banken DEG und KfW sind bekannt für ihre Expertise bei der Bereitstellung von technischer Zusammenarbeit  und dem Kapazitätsaufbau in den Bereichen Privatsektor und Mobilisierung von Privatkapital. Sie sollten auch ihre Reformen und Bemühungen intensivieren, systemische Probleme zu lösen, die Mischfinanzierungen behindern, wie etwa die fehlende Standardisierung und geringe Größe von Projekten. Die Blended-Finance-Initiative "SCALED" (Scaling Capital for Sustainable Development), die mit der Unterstützung von Deutschland, der KfW-Bank, anderen Regierungen und Privatunternehmen auf der Hamburger Nachhaltigkeitskonferenz im Juni 2025 ins Leben gerufen wurde, ist ein begrüßenswerter Schritt in die richtige Richtung.

Ebenso verpflichten sich die Mitgliedstaaten im Abschlussdokument, den Kapazitätsaufbau im Bereich der nachhaltigen Finanzen zu verstärken. Deutschland und andere EU-Länder könnten eine Vorreiterrolle übernehmen und zu einem multilateralen Treuhandfonds für den Kapazitätsaufbau in diesem Bereich für Entwicklungsländer beitragen. Zu diesem Zweck könnte ein Treuhandfonds eingerichtet werden, ähnlich der Debt Management Facility des IWF und der Weltbank, die den Kapazitätsaufbau im Bereich des Schuldenmanagements unterstützt.

Dr. Kathrin Berensmann German Institute of Development and Sustainability/IDOS
Dr. Yabibal M. Walle German Institute of Development and Sustainability/IDOS

Referenzen

i) UN (United Nations) (2025): Outcome document of the Fourth International Conference on Financing for Development, Compromiso de Sevilla, New York, financing.desa.un.org/ffd4/outcome

ii) Berensmann, Kathrin / Yabibal Walle / Elise Dufief / Paulo Esteves / Rob Floyd / Yu Ye (2024). Channelling special drawing rights to multilateral development banks: overcoming remaining legal and political obstacles. Policy Brief 30/2024. https://doi.org/10.23661/ipb30.2024

iii) UNCTAD (United Nations Trade and Development) (2024): A World of Debt, unctad.org/publication/world-of-debt

iv) Berensmann, Kathrin (2025), Ideas to reform debt policy, in: D+C (2025/3), 47-49

v) von Haldenwang, C., Redonda, A., & Aliu, F. (Eds.). (2023). Tax Expenditures in an Era of Transformative Change. GTED Flagship Report 2023. IDOS. https://doi.org/10.23661/r2.2023

vi) OECD / UNCDF, Blended Finance in the Least Developed Countries 2020, Supporting a resilient COVID-19 recovery, 2020, https://www.oecd.org/dac/blended-finance-in-the-least-developed-countries-57620d04-en.htm

vii) IEA, World Energy Investment 2024, https://www.iea.org/reports/world-energy-investment-2024

 

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