Studie: Trockengebiete nehmen weltweit zu
Haupttreiber des alarmierenden Trends ist der Klimawandel, aber auch die Landwirtschaft spielt eine große Rolle.
Trockenheit nimmt auf unserem Planeten besorgniserregende Dimensionen an. Mehr als drei Viertel der Landfläche der Erde sind in den vergangenen drei Jahrzehnten dauerhaft trockener geworden. Das ist das Ergebnis einer ersten wissenschaftlichen Studie, die im Auftrag des Übereinkommens der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung (UNCCD) zu dem Trend durchgeführt wurde. Demnach wiesen 77,6 Prozent der Flächen in den drei Jahrzehnten bis 2020 höhere Trockenheitstendenzen auf als in den 30 Jahren davor. In Europa waren es sogar fast 96 Prozent der Landfläche- es trifft dort jedoch weit weniger Menschen als z.B. in Afrika oder Asien.
Trockenheitstendenzen bedeuten noch keine schwerwiegende Trockenheit. Bisher gelten 40,6 Prozent der gesamten Landflächen (ohne Antarktis) als Trockengebiete. Aber auch die als Trockengebiete eingestuften Regionen nehmen zu. Wie die mittlere und rechte Grafik zeigen, wuchs der Anteil, den Trockengebiete in den beiden Zeitabschnitten in der jeweiligen Region und global ausmachen – wenn auch unterschiedlich stark. Auch hier ist der Anstieg bemerkenswert: Er umfasst weltweit 4,3 Millionen Quadratkilometer. Das bedeutet zusätzliche Trockengebiete von etwa einem Drittel der Fläche Indiens von 1990-2020.
Die Folgen für die Landwirtschaft, die Ökosysteme und natürlich für die in Trockengebieten lebenden Menschen wiegen schwer. Mit 30,9 Prozent oder 2,3 Milliarden Menschen lebte 2020 fast ein Drittel der Weltbevölkerung in Trockengebieten – verglichen mit noch etwa einem Fünftel oder 1,2 Milliarden Menschen 30 Jahre davor. Die meisten Bewohner von Trockengebieten leben in Asien (1,3 Milliarden) und Afrika (620 Millionen). Am dichtesten besiedelt sind sie in Kalifornien, Ägypten, Ost- und West-Pakistan sowie in weiten Teilen Indiens und im Nordosten Chinas.
Um das Ausmaß der Trockenheit mengenmäßig zu erfassen, benutzt UNCCD den Ariditäts- oder Trockenheitsindex (AI). Als Trockengebiete werden die Flächen bezeichnet, die als „hyper-arid“, „arid“, „semi-arid“ und „trocken subhumid“ eingestuft wurden. Eine fünfte Klasse im Ariditäts-Index ist „feucht“. „Aridity“, also Trockenheit, ist ein klimatischer Zustand, der durch einen erheblichen Mangel an Feuchtigkeit gekennzeichnet ist. Das führt zu begrenzter Wasserverfügbarkeit in bestimmten Gebieten.
Aridität bezieht sich dabei auf langfristige klimatische Verhältnisse und ist zu unterscheiden von sich kurzfristig ereignenden Dürren oder auch von Landdegradation, die definiert ist als Verringerung oder Verlust der biologischen oder wirtschaftlichen Produktivität und Komplexität von Regenfeldbau, bewässertem Ackerbau, Weideland, Wäldern und Waldgebieten. Desertifikation dagegen bedeutet Bodendegradation in Trockengebieten, die keine Wüsten sind, und die auf viele Faktoren zurückzuführen ist, darunter Klimaveränderungen und menschliche Wirkmacht.
Halbe Weltbevölkerung in Trockengebieten?
Haupttreiber der zunehmenden Trockenheit ist laut der UNCCD-Studie der Klimawandel. Aber auch unangepasste landwirtschaftliche Praktiken, übermäßige Wasserentnahme, Erosion des Bodens und Zerstörung der natürlichen Vegetation spielen eine Rolle. Die Zahl der Menschen, die in Trockengebieten leben, wird bis zum Ende des Jahrhunderts womöglich bis auf fünf Milliarden ansteigen. Eine der sichtbarsten Folgen der Trockenheit könnte sein, dass Menschen sich zu Migration gezwungen sehen, was zu zusätzlichen Herausforderungen in den weniger trockenen Landesteilen oder Nachbarländern führen würde. Weitere Folgen können sein: Verlust der Biodiversität, Verschlechterung der Bodenqualität, Häufung von Waldbränden, von Sand- und Staubstürmen und anderes mehr. Die Tendenz zu mehr Trockenheit bedeutet jedoch nicht, dass es in absehbarer Zeit auf allen Landflächen trocken sein wird. Weite Teile der Flächen werden in der UNCCD-Studie nach wie vor als „humid“, also „feucht“ eingestuft.
In der Studie werden Empfehlungen für den Umgang mit der Trockenheit ausgesprochen, die sowohl der Eindämmung als auch der Anpassung dienen. Zu den Empfehlungen zählen eine Verstärkung der Dürreüberwachung, die Verbesserung von Landnutzungspraktiken, höhere Investitionen in Wassereffizienz, die Stärkung der Widerstandsfähigkeit betroffener Gemeinschaften sowie die Entwicklung internationaler Rahmenwerke und eine stärkere internationale Zusammenarbeit.
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