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  • Klima & Ressourcen
  • 04/2022
  • Marina Zapf

Virtuelles Wasser: So durstig ist der Welthandel

Der „versteckte“ Verbrauch von Wasser – neben dem, was Haushalte und Unternehmen direkt aus der Leitung holen – steckt in so gut wie allen Konsumgütern und Lebensmitteln. Und die werden weltweit gehandelt.

Wenn Experten von “virtuellem Wasser” sprechen, dann meinen sie das kostbare Nass, das in allen unseren Konsumgütern und Lebensmitteln steckt. Für deren Produktion werden große Mengen Wasser benötigt. Um unseren Verbrauch von virtuellem Wasser zu messen, wird also die „versteckte“ Nutzung von Alltagsgegenständen mit eingerechnet – neben Duschen, Waschen oder Gartengießen. Je stärker global die Bedeutung der Ressource und ihre zunehmende Verknappung Beachtung findet, desto intensiver wird auch ihre Verteilung diskutiert.    

So zeigt ein Wasserfußabdruck, wo in der Welt Wasserstress herrscht – und macht so manches Missverhältnis deutlich. Häufig werden besonders wasserintensive Produkte wie Rindfleisch, Baumwolle oder Kaffee in Regionen produziert, die stärker unter Wassermangel leiden, als das Importland. Ein durstiger Welthandel verknappt die Wasserreserven für die dortige Landwirtschaft und die Menschen. 

 

Die Einfärbung der Länder in der Graphik zeigt die virtuelle Wasserbilanz pro Land und die größten internationalen virtuellen Bruttowasserströme. Die grün dargestellten Länder haben eine negative Bilanz. Das bedeutet, dass sie einen Nettoexport von virtuellem Wasser haben. Die größten Nettoexporteure befinden sich in Nord- und Südamerika (USA, Kanada, Brasilien und Argentinien), Südasien (Indien, Pakistan, Indonesien, Thailand) und Australien.  

Die anderen Länder haben einen Nettoimport an virtuellem Wasser. Die größten Nettoimporteure sind Nordafrika und der Nahe Osten, Mexiko, Europa, Japan und Südkorea. Es werden nur die größten Bruttoströme im Zeitraum 1996-2005 angezeigt. Südliche Länder führen häufig aus eigenem Wassermangel heraus wasserintensive Produkte ein. Im nördlichen Europa geschieht es eher, um die eigenen Ressourcen zu schonen, und weil etwa mehr – und andere – Agrargüter verbraucht werden, als der eigene Anbau erlaubt. In Europa liegen insgesamt 40 Prozent des Wasserfußabdrucks außerhalb seiner Grenzen. 

Der größte Anteil der internationalen virtuellen Wasserströme entfällt auf den Handel mit Ölpflanzen – einschließlich Baumwolle, Sojabohnen, Ölpalmen, Sonnenblumen, Raps und andere – sowie auf daraus hergestellte Produkte. Auf diese Kategorie entfallen 43 Prozent aller internationalen virtuellen Wasserströme. Mehr als die Hälfte davon geht auf das Konto gehandelter Baumwollprodukte, etwa ein Fünftel auf gehandelte Sojabohnen. Die anderen Produkte mit einem großen Anteil sind Getreide (17 Prozent), Industrieprodukte (12,2 Prozent), Kaffee, Tee und Kakao (7,9 Prozent) und Rindfleischprodukte (6,7 Prozent). 

Die von der US-Amerikanischen National Academy of Sciences veröffentlichte zugrundeliegende Studie von Forschern der Universität Twente in Enschede, ist nicht mehr ganz aktuell. Die Größenordnungen und Trends von 2012 haben sich vermutlich wenig verändert. Möglicherweise ist heute der Anteil von Industrieprodukten höher. 

Deutschlands Handel mit landwirtschaftlichen Gütern macht aktuell etwa sieben Prozent des Außenhandels aus. Der Wert von Importen lag 2020 bei knapp 85 Mrd. Euro, der von Exporten bei 70,6 Mrd. Euro. Beide Werte, die lebende Tiere, Nahrungsmittel tierischer und pflanzlicher Herkunft sowie Genussmittel umfassen, haben sich in 20 Jahren mehr als verdoppelt. Erster Handelspartner bei Agrargütern ist Brasilien.  

Die Umweltorganisation Water Footprint Network aktualisiert virtuelle Wasserverbrauche einzelner Länder, einschließlich des “versteckten” Konsums. Für den Wasserfußabdruck von Unternehmen interessieren sich zunehmend auch Finanzdienstleister oder Fondsmanager, die etwa bei der Auswahl von Aktien bestimmte Nachhaltigkeitskriterien (ESG) ansetzen. Im Fokus steht das Wassermanagement von Unternehmen, für die Wasser im Produktionsprozess unerlässlich ist, zum Beispiel Energieversorger, der Bergbau und die Landwirtschaft.  

Marina Zapf, Journalistin, berichtet seit 20 Jahren aus Berlin über Themen der Außen, Außenwirtschafts- und Entwicklungspolitik.
Marina Zapf Team Welternährung.de
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