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  • Klima & Ressourcen
  • 04/2023
  • Michael Singer, Katerina Michaelides, Markus Adloff

Trotz Dürre: Warum am Horn von Afrika der Grundwasserpegel steigt

Neue Studie belegt erhöhte Wassermengen im Untergrund dank häufiger Starkregen in der kurzen Regenperiode. Erschließung könnte Not aus wiederkehrenden extremen Trockenzeiten lindern.

Frauen gießen Setzlinge in der trockenen Eastern Province in Kenia. © Flore de Preneuf / World Bank

Das Horn von Afrika – zu dem Somalia, Äthiopien, Kenia und einige umliegende Länder gehören – wird von immer häufigeren und verheerenderen Dürreperioden heimgesucht. Trotzdem verfügt die Region offenbar über zunehmende Vorkommen an Grundwasser. Mit diesem Wasser könnten die unter der Dürre leidenden ländlichen Gemeinschaften entlastet werden.

Das ist das wichtigste Ergebnis unserer neuen Forschungsarbeit, bei der wir herausgefunden haben, dass die Niederschläge in der Region zwar insgesamt abnehmen, dass aber die Zunahme der "hochintensiven" Regenfälle dazu geführt hat, dass in der Tiefe der Erde mehr Wasser gespeichert wird. Dies ist ein paradoxer Befund. Er könnte jedoch einer der krisenanfälligsten Regionen der Welt dabei helfen, sich an die Folgen des Klimawandels anzupassen.

Am Horn von Afrika leben ländliche Gemeinschaften in einem ständigen Zustand der Wasserknappheit, nur unterbrochen von häufigen Phasen der Ernährungsunsicherheit. Die Menschen dort hängen zur Sicherung ihres Daseins und ihres Lebensunterhalts von den "ausgedehnten Regenfällen" zwischen März und Mai und den "kurzen Regenfällen" zwischen Oktober und Dezember ab.

Zum Zeitpunkt dieses Berichts fielen in den Trockenzonen der Region bereits zum fünften Mal in Folge nur unterdurchschnittliche Regenmengen. Dies hat 50 Millionen Menschen in akute Ernährungsunsicherheit gestürzt. Die Dürren führen zu Wasserknappheit, Herdensterben, Ernteausfällen, Konflikten und gar zu Problemen der mentalen Gesundheit.

Ziegen an der Wasserstelle. Das Dorf Dilmanyale in Kenia zieht viele Menschen und Herden wegen der Quelle an. © Anna Ridout/ Oxfam

Die Dürre ist so gravierend, dass sie selbst Zebras, Giraffen und andere Wildtiere in ihrer Existenz bedroht, da sämtliches Oberflächenwasser vertrocknet und die essbare Pflanzendecke immer spärlicher wird. Erschreckenderweise wurde für den Zeitraum März bis Mai 2023 bereits eine sechste ausbleibende Regenzeit vorhergesagt.

Weniger lange und mehr kurze Regenfälle

In einer neuen Untersuchung sind wir den Veränderungen der saisonalen Niederschläge am Horn von Afrika in den letzten 30 Jahren nachgegangen. Dabei stellte sich heraus, dass die Gesamtniederschlagsmenge während der "langen Regenzeit" abnimmt, was möglicherweise mit der Erwärmung eines bestimmten Teils des Pazifischen Ozeans zusammenhängt. In der Zeit der "kurzen Regenfälle" nehmen die Niederschlagsmengen jedoch zu. Dies geht größtenteils auf ein Klimaphänomen zurück, das als Indischer Ozean-Dipol bekannt ist: Wenn die Oberfläche des Indischen Ozeans ungewöhnlich warm ist, fallen in Ostafrika mehr Niederschläge, ähnlich wie bei dem Phänomen El Niño im Pazifik.

Daraufhin haben wir untersucht, wie sich diese Niederschlagstrends auf das unter dem Erdboden gespeicherte Wasser auswirken. Ist der Pegel entsprechend den ausbleibenden "langen Regen" zurückgegangen, oder ist dieser aufgrund der vermehrten "kurzen Regenfälle" gestiegen?

Zu diesem Zweck haben wir zwei Satelliten eingesetzt, die kontinuierlich in der Erdumlaufbahn kreisen und kleine Veränderungen im Gravitationsfeld der Erde erfassen, die als Schwankungen in der Masse der Wasserspeicher interpretiert werden können. Wenn die Wasservorräte im Untergrund deutlich zunehmen, registriert der Satellit an diesem Ort ein stärkeres Schwerkraftfeld als bei der Messung davor, und umgekehrt. Daraus lässt sich die Wassermasse bestimmen, die an diesem Ort hinzugekommen oder verloren gegangen ist.

Mit Hilfe dieser von den Satelliten bereitgestellten Schätzwerten haben wir festgestellt, dass die Wasservorräte in den letzten Jahrzehnten zugenommen haben. Der Anstieg korreliert mit den vermehrten "kurzen Regenfällen" und erfolgte, obwohl die "langen Regenzeiten" trockener wurden.

Wasservorräte gestiegen

Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die langen Regenzeiten normalerweise mehr saisonalen Regen liefern als die kurzen Regenphasen, wollten wir den paradoxen Befund verstehen, dass der Grundwasserpegel ansteigt. Einen Anhaltspunkt liefert die Untersuchung, wie Niederschläge in Trockengebieten zu Grundwasser gewandelt werden.

Wenn der Regen leicht ist oder es nur nieselt, befeuchtet der Großteil des Wassers, das den Boden erreicht, nur die Oberfläche – und verdunstet bald wieder in die warme, trockene Atmosphäre. Um sich zu Grundwasser zu werden, müssen die Niederschläge kräftig genug sein, um schnell und tief in den Boden zu versickern. Dies geschieht meist dann, wenn große Mengen an Regen auf einmal fallen und trockene Flussbetten sich mit Wasser füllen, das dann in unterirdische Grundwasserleiter gelangen kann.

Diese höchst intensiven Niederschlagsereignisse nehmen in den "kurzen Regenzeiten" zu, analog zur allgemeinen Zunahme der Gesamtniederschlagsmenge in dieser Jahreszeit. Und obwohl die Gesamtniederschlagsmenge in den "langen Regenzeiten" abnimmt, sind die Starkregen im Zeitverlauf beständig hoch geblieben. Das bedeutet, in beiden Regenperioden kommt genügend intensiver Regen zusammen, um die im Untergrund lagernde Wassermenge zu erhöhen.

Abschließend haben wir nachgewiesen, dass die erhöhte Wasserspeicherung in dieser Region nicht mit einem Anstieg der Bodenfeuchtigkeit an der Oberfläche einhergeht. Es handelt sich somit um "gebunkertes" Wasser, das sich in der Erdtiefe befindet und wahrscheinlich zu wachsenden regionalen Grundwasseraquiferen in diesem Raum beiträgt.

Regionale Zusammenarbeit am Horn von Afrika

Grundwasser stellt einen natürlichen Puffer gegen Klimaschwankungen dar und kann einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der Klimaresilienz leisten. Die Wasserressourcen verbinden Staaten der Region durch mehrere grenzüberschreitende Flusseinzugsgebiete und Grundwasserkörper. Die Entwicklung von Bohrlöchern und Gewinnung von Wasser hat aus Sicht der Zwischenstaatlichen Behörde für Entwicklung (IGAD) bereits dazu beigetragen, Konflikte über den Zugang und die grenzüberschreitende gemeinsame Nutzung von Ressourcen zu verringern. Ihre Fachinstitution ICPAC hat die Grundwasserinitiative für das Horn von Afrika (HOA-GWI) ins Leben gerufen, um ausgewählte Länder auf die weitere Entwicklung und Bewirtschaftung des Grundwassers vorzubereiten. Es geht um den Aufbau von Fachwissen und die Bewertung von Investitionsvorhaben mittels Machbarkeitsstudien sowie einen Aktionsplan für die Erschließung von Grundwasserkapazitäten am Horn von Afrika. Auch ein regionales Grundwasserzentrum soll entstehen. Die Förderung der regionalen Zusammenarbeit soll Strategien und Leitlinien im Zusammenhang mit Grundwasser harmonisieren, heißt es bei IGAD, und regionale Kapazitäten stärken. Ein regionales mehrjähriges Projekt unter Beteiligung von IGAD, Äthiopien, Kenia und Somalia – bald vielleicht mit Südsudan und Dschibuti – zur Stärkung der Resilienz über Grundwasserreserven am Horn von Afrika wird beispielsweise mit mehr als 380 Mio. Dollar von der Weltbank gefördert.

Gebiet eines grenzüberschreitenden Weltbankprojekts, das die Erschließung und Bewirtschaftung von Grundwasserreserven am Horn von Afrika fördern will (s. Kasten) © Weltbank

Grundwasser als Hilfe im Klimawandel

Während sich Frühwarnsysteme und humanitäre Organisationen auf Vorhersagen und die dringenden Auswirkungen der Dürre konzentrieren, deuten unsere neuen Forschungsergebnisse auf einen Silberstreifen am Horizont, der eine langfristige Anpassung an den Klimawandel unterstützen kann. Die von uns aufgezeigten steigenden Grundwasservorräte können möglicherweise genutzt werden, um den Menschen in den ländlichen Gebieten, wo die Nahrungs- und Wasserversorgung zunehmend unsicher wird, aus der Not zu helfen.

Es gibt jedoch einige Vorbehalte. Erstens haben wir die Tiefe des verfügbaren Grundwassers in der Region nicht bestimmt, aber wir vermuten, dass der Grundwasserspiegel seicht genug liegt, um von saisonalen Niederschlägen beeinflusst zu werden. Das bedeutet, dass er möglicherweise auch seicht genug liegt, um Wasser über neue Bohrlöcher erschließen zu können. Zweitens wissen wir nichts über die Qualität des gespeicherten Grundwassers und ob es sich als Trinkwasser eignet. Und schließlich wissen wir nicht genau, was passiert, wenn die extremen Dürren der vergangenen Jahre andauern und sowohl die langen als auch die kurzen Niederschläge versiegen, wodurch auch die Starkregenfälle abnehmen würden.

Dennoch weisen unsere Ergebnisse darauf hin, dass in den Trockengebieten am Horn von Afrika umfassende Grundwassermessungen durchgeführt werden müssen, um festzustellen, ob diese zunehmende Wasserressource ausreichen könnte, um die verheerenden Dürren auszugleichen. Grundwasser könnte potenziell Felder bewässern und Trinkwasser für Menschen und Nutztiere liefern, als Teil einer Strategie, die dieser anfälligen Region hilft, sich an die Folgen des Klimawandels anzupassen.

Mit freundlicher Genehmigung der Autoren: Dieser Artikel erschien zuerst im November 2022 auf The Conversation.

Michael Singer Universität Cardiff
Katerina Michaelides Universität Bristol
Markus Adloff Universität Bern

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