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Was man über illegalen Fischfang wissen sollte, um ihn zu bekämpfen

Es fehlt an Transparenz und Kontrolle gegen häufig transnationale kriminelle Netzwerke. Internationale Instanzen müssen effektiver werden – und Subventionen fallen.

Blick auf einen Fischkutter im Hafen von Callao-Pesquera Diamante in Peru. © FAO/Ernesto Benavides

Illegale, ungemeldete und unregulierte (IUU-)Fischerei ist eine der größten Bedrohungen für unsere Ozeane. Sie schadet nach Angaben der Welternährungsorganisation (FAO) der Nachhaltigkeit der Fischgründe, den Einkommen und der Ernährungssicherheit der Küstenbevölkerung, und sie erschwert den Schutz der Meeresökosysteme.

IUU-Fischerei umfasst eine Reihe strafbarer Praktiken, so etwa Fischen ohne Lizenz, Verstöße gegen Regeln des Staates, in dem das Schiff registriert ist oder in dem es operiert, falsche oder fehlende Berichte über Fangmengen und das Befischen unregulierter Bestände. Oft werden diese Praktiken von transnationalen kriminellen Netzwerken kontrolliert.

IUU-Fischerei ist sehr profitabel. In der bisher einzigen globalen Untersuchung wurden 2009 ihre jährlichen Erträge auf 10 bis 23,5 Mrd. Dollar geschätzt, was einer Fangmenge von 11 bis 26 Millionen Tonnen entspricht. Besonders geschädigt werden von diesen Praktiken Entwicklungsländer: In Westafrika etwa werden nach Schätzungen 40 Prozent mehr Fisch gefangen, als in der offiziellen Statistik auftauchen.

Fernfangschiffe schwer zu überwachen

IUU-Fischerei steht in Zusammenhang mit der industriellen Hochseefischerei (distant water fishing, DWF). DWF-Fangschiffe können auch in weit entfernten Meeresgebieten operieren und dort Monate bleiben, ohne in ihren Hafen zurückzukehren. DWF ist schwer zu überwachen, was unerlaubte Praktiken erleichtert, betont IUU Watch, eine Organisation, die von derEnvironmental Justice Foundation, Oceana, Pew Charitable Trustsund demWWF gegründet wurde.

„Die Hochseefischerei bleibt trotz ihrer Bedeutung für den internationalen Handel und die Wirtschaft schwer durchschaubar“, mahnt das Stimson Center. „Ihre undurchsichtigen Praktiken geben kaum Informationen darüber preis, wo die Schiffe operieren, wer ihre Besitzer sind, wieviel Fisch gefangen wird, wie der Fisch in den Handel kommt, welche Arbeitsbedingungen an Bord herrschen und wie ihr Zugang zu den Gewässern anderer Staaten geregelt ist.“

Drohne als innovatives Instrument zur Überwachung der Meere, ausgestellt bei einem FAO-Symposium über Nachhaltigkeit in der Fischerei in Rom. © FAO/Riccardo De Luca

Auch wenn digitale Technologie und Satelliten „einzigartige Möglichkeiten zur Unterstützung des Monitorings, der Kontrolle und Überwachung“ bieten, „haben entwickelte Staaten und internationale Organisationen lange gezögert, diese Möglichkeiten zu nutzen. Bis heute gibt es kein einheitliches, effektives Fischerei-Informationswerkzeug, das weltweit öffentlich einsetzbar wäre“, sagt das Overseas Development Institute.

Was wir brauchen, sind besseres Datenmanagement und engere Zusammenarbeit, dazu eine verbesserte Regulierung der Fischerei und verstärkte Bemühungen bei der Korruptionsbekämpfung. Die Ausflaggung von Fangschiffen muss ebenso enden wie geheime Fischereiabkommen.

Die wichtigsten Fischereiländer

Nach den für 2018 gemeldeten Fangmengen war China mit 14,65 Millionen Tonnen das weltweit führende Fischereiland. An zweiter Stelle kommt Indonesien (7,22 Millionen Tonnen), gefolgt von Peru (7,17 Millionen), Indien (5,32 Millionen), Russland (5,11 Millionen), den USA (4,74 Millionen), Vietnam (3,35 Millionen), Japan (3,13 Millionen), Norwegen (2,49 Millionen), and Chile (2,12 Millionen). Die EU meldete für 2019 etwa 4.1 Millionen Tonnen.

Wenn man die Zahl der Hochsee-Fangschiffe betrachtet, sind fünf Staaten für 90 Prozent der Hochseefischerei verantwortlich. „China und Taiwan betreiben 60 Prozent des DWF-Fischfangs, auf Japan, Südkorea und Spanien entfallen jeweils 10 Prozent“, sagt Seafoodsource.

China verfügt über die weltweit größte DWF-Flotte mit dem größten Aktionsradius. Nachdem die Bestände in den eigenen Gewässern abgefischt waren, sucht China in immer größerer Entfernung, um den wachsenden Bedarf an Nahrung aus dem Meer zu decken. Die Flotten Japans, Taiwans, Südkoreas und Russlands machen es nicht anders. Das Wachstum der chinesischen DWF-Flotte wird durch Subventionen gefördert.

Weltweit fließen bis zu 35 Mrd. US-Dollar Subventionen in die Fischerei, von denen nach Schätzungen der Unctad 20 Mrd. US-Dollar direkt die Überfischung fördern. Diese Subventionen werden gezahlt, um die Treibstoffkosten der Schiffe zu decken, sie unterstützen auch das Fischereimanagement oder bestehen aus Steuererleichterungen. Sie ermöglichen es vor allem den industriellen Fangflotten, weiter von den Küsten entfernt und länger zu fischen, als sie es sonst könnten. Ohne staatliche Subventionen wären bis zu 54 Prozent der Hochseefischgründe unprofitabel, geht aus einer Studie hervor. Eine Reform der Fischereisubventionen könnte also Überfischung und illegalen Fischfang reduzieren.

Die Rolle der Hochsee-Fangflotte Chinas

Chinas DWF-Flotte verfügt über die Technologie, die Kapazitäten und die Anreize, um auch weit entfernte Fischgründe zu erreichen. Die Untersuchung des ODI zeigt, dass Chinas DWF-Flotte 16.966 Schiffe umfasst, somit fünf- bis achtmal so viele wie bisher angenommen. Der ODI-Report belegt, dass mindestens 183 Schiffe aus dieser Flotte an IUU-Fischerei beteiligt waren. Trawler sind die am häufigsten bei DWF eingesetzten Schiffe aus China, und die von ihnen eingesetzten Schleppnetzegehören zu den zerstörerischsten Fangmethoden.

Andere Staaten sind auch an der Überfischung der Meere beteiligt, aber China ist der wichtigste Akteur in der weltweiten Fischerei. Die EU verfügte 2014 über 289 DWF-Schiffe, die USA im Jahr 2015 über 225 große DWF-Schiffe. Schon allein aufgrund dieser Ungleichgewichte sind die mangelnde Transparenz und Kontrolle über Chinas DWF-Aktivitäten ein Grund zur Sorge.

Billigflaggen ermöglichen Straflosigkeit

Schiffseigner und -betreiber nutzen Billigflaggen (flags of convenience - FoCs) zur Steuervermeidung und Umgehung von Gesetzen ihres Heimatstaates, die die Sicherheit, Umweltstandards und Arbeitsbedingungen regeln. FoCs können auch Schiffseigner vor juristischen Klagen und Beobachtung bewahren, indem sie verbergen, wem Schiffe gehören, die in illegale Praktiken verwickelt sind. Mehrere dieser Billigflaggenstaaten - vor allem Panama, Belize, Liberia und St. Vincent - sind auch als Steueroasen bekannt. „Billigflaggen sorgen für die Straflosigkeit der illegalen Fischerei“, heißt es in einem Report der Environmental Justice Foundation. Offene Schiffsregister mit einer hohen Zahl von Fangschiffen gibt es in Panama, Vanuatu und Belize.

In China fahren 90 Prozent der DWF-Schiffe unter chinesischer Flagge. Aber das Land hat keinen festen Nachweis erbracht, dass es mit der internationalen Gemeinschaft bei der Registrierung von Schiffen zusammenarbeitet und sich an die Regeln der Regionalen Organisationen für das Fischereimanagement (RFMOs) hält. China ist seine eigene Billigflagge.

Die Hälfte der chinesischen DWF-Flotte operiert mutmaßlich in Gebieten, die von RFMOs kontrolliert werden. Aber China ist nur Mitglied von sieben solchen Organisationen. Zum Vergleich: Die EU, deren Flotte mit knapp 300 Schiffen wesentlich kleiner ist, ist bei 17 solchen Organisationen beteiligt. 

Von den 183 chinesischen DWF-Schiffen, die der illegalen Fischerei verdächtigt werden, sind unserer Untersuchung zufolge 89 Langleinenschiffe. Bei der Langleinenfischerei werden bis zu 100 Kilometer lange Leinen mit bis zu 3000 Haken ausgesetzt. Mit elektronischen Hilfsmitteln werden Fischschwärme aufgespürt, und die Langleine wird dann von Schnellbooten hindurchgezogen.

Es scheint, als seien diese Schiffe im Besitz nur weniger Eigentümer. Knapp die Hälfte der Schiffe, die der IUU-Fischerei verdächtigt werden, gehören lediglich zehn chinesischen Unternehmen. Viele der größten Unternehmen, die die Flotte kontrollieren, sind staatlich oder halbstaatlich. Es ist aber unklar, ob Chinas Regierung einen umfassenden Überblick über die Fischereiflotte ihres Landes hat.

DWF-Hotspots: eine Bedrohung der lokalen Fischerei

Ein großer Anteil der Hochseefischerei findet in den oder knapp außerhalb der Hoheitsgewässer ärmerer Länder statt, die oft nur unzureichende Überwachungsmöglichkeiten haben. Deswegen geht die Hochseefischerei dort häufig mit nicht nachhaltigen Fangmengen und illegalen Fangmethoden einher.

Die Folgen für die lokale von der Fischerei abhängige Bevölkerung sind enorm. Hochseefischerei gefährdet die nachhaltige Nutzung der Reichtümer des Meeres und damit die Jobs und die Ernährungssicherheit der Menschen, die auf diese Reichtümer angewiesen sind. Sie raubt diesen Menschen auch die Chancen auf ein besseres Leben.

Laut einem früheren Bericht des ODI könnte beispielsweise ein anderer Umgang mit der Fischerei in Westafrika für mehr als 300.000 neue Arbeitsplätze sorgen. Die Studie zeigt, dass 518 chinesische Fangschiffe unter afrikanischen Flaggen fahren, vor allem solchen aus Westafrika, wo Regeln nur begrenzt durchgesetzt werden und die Fischereirechte oft auf Schiffe unter einheimischen Flaggen begrenzt sind. Man kennt die Schätzungen, dass 20 Prozent der illegalen Fänge weltweit vor den Küsten der sechs westafrikanischen Länder Mauretanien, Senegal, Gambia, Guinea-Bissau, Guinea und Sierra Leone gefischt werden.

Chinesische Schiffe werden oft durch geheime Absprachen als Schiffe einheimischer Strohfirmen registriert, operieren aber zum Vorteil chinesischer Interessen. So können sie in lokalen Gewässern fischen, die eigentlich von Einheimischen nachhaltig befischt werden sollten, und dann ihren Fang an chinesische Abnehmer liefern. Über solche Absprachen wird mehr Fang zugelassen, als die Bestände eigentlich hergeben. In der Folge verdienen die lokalen Fischer weniger, die afrikanischen Länder kassieren weniger Steuern.

Auch der Pazifik mit den größten Fischbeständen der Welt, darunter mehr als die Hälfte der weltweit gefangenen Thunfische, wird durch illegalen Fischfang geschädigt. Möglicherweise jeder fünfte Fisch aus Wildfang stammt aus illegaler Fischerei.

Ein Küstenabschnitt der Solomon-Inseln, Vertragspartei des Nauru-Abkommens. © Aleta Moriarty / World Bank

Die ecuadorianische Marine stieß kürzlich auf eine große chinesische Fischfangflotte von 340 Schiffen vor den Galápagos-Inseln. Sie hatten es auf die reiche Meeresfauna in den Gewässern zwischen der Küste und den Inseln abgesehen. Dies war nur der jüngste Fall aus einer Serie, bei der Hoheitsgewässer verletzt wurden und es zu gewaltsamen Zwischenfällen kam. Es sollte uns eine Warnung sein, wie verbreitet und schädlich die unkontrollierte Hochseefischerei tatsächlich ist. Manche der beobachteten Aktivitäten sind illegal. Es gibt Berichte, dass Schiffe entgegen der Bestimmungen ihre Satellitenkommunikation abschalten, um nicht mehr geortet werden zu können.

Im Südpazifik kontrollieren die 17 Nationen und Territorien ihre Hoheitsgewässer direkt. In den dortigen ausschließlichen Wirtschaftszonen werden Thunfische im Wert von 26 Mrd. US-Dollar gefangen, aber nur ein Zehntel dieser Summe kommt bei den Inselstaaten an. Pazifische Staaten schicken nur selten selbst Fangschiffe mit Mannschaften los und verdienen nur durch die Vergabe von Lizenzen.

Was geschehen muss

Hochseefischerei betreibende Staaten sollten zeigen, dass sie eine Führungsrolle übernehmen. Sie sollten verlangen, dass alle DWF-Schiffe in einem zentralen, öffentlichen und international zugänglichen Register eigetragen werden, aus dem auch die Besitzergesellschaften und Miteigentümer hervorgehen; sie sollten schädliche Subventionen abschaffen, das Agreement on Port State Measures ratifizieren, das die FAO ausgehandelt hat, um gegen illegale Fischerei vorzugehen. 

Schließlich sollten die internationalen Behörden und Instanzen effektiver werden, wenn es um die Überwachung, den Informationsaustausch und die Strafverfolgung von Schiffen und Fischereiunternehmen geht, die im Verdacht der illegalen Fischerei stehen. Sie sollten solche Schiffe und Unternehmen von Import- und Exportverträgen ausschließen, und sie sollten Küstenstaaten bei der Bekämpfung illegaler Fischerei in ihren Gewässern unterstützen.

Miren Gutierrez Overseas Development Institute

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