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  • Entwicklungspolitik & Agenda 2030
  • 04/2024
  • Ulrich Post

Woher beziehen die meisten Menschen in Afrika ihre Nachrichten?

Der Siegeszug des Internets ist auch auf dem Kontinent unaufhaltsam. Um sich zu informieren, schaltet die Mehrheit aber das Radio an.

Woher beziehen Afrikaner gewöhnlich ihre Nachrichten? Mit dieser Frage beschäftigte sich kürzlich Afrobarometer, ein unabhängiges afrikanisches Forschungsnetzwerk, das national repräsentative Umfragen zu Demokratie, Regierungsführung und Lebensqualität durchführt. Aktuelle Umfragen von Afrobarometer zeigen, dass das Radio als Quelle für regelmäßige Nachrichten immer noch vor allen anderen Kanälen liegt. Der Anteil der digitalen Nachrichtenkonsumenten hat allerdings auch in Afrika im letzten Jahrzehnt dramatisch zugenommen.

Im Durchschnitt von 30 Ländern geben zwei Drittel (67 Prozent) der afrikanischen Erwachsenen an, dass sie sich Nachrichten "jeden Tag" oder "ein paar Mal pro Woche" im Radio anhören. Dies ist ein leichter Rückgang gegenüber 72 Prozent in der Auswertung der Jahre 2011/2013.

Das Fernsehen ist als Nachrichtenquelle relativ konstant geblieben und wird von etwa der Hälfte der Erwachsenen (53 Prozent in der jüngsten Umfrage) mindestens ein paar Mal pro Woche genutzt.

Digitale Nachrichten sind der große Gewinner, die regelmäßige Nutzung des Internets hat sich von 13  auf 40 Prozent verdreifacht und die von sozialen Medien seit 2014/15 verdoppelt, nämlich von 20 auf 41 Prozent. Der Anstieg hat sich jedoch zwischen den letzten beiden Erhebungsrunden verlangsamt.

Die Zahl der regelmäßigen Zeitungsleser ist weiterhin rückläufig und sinkt um ein Drittel, von 21  auf 14 Prozent.

Aber richtig zufrieden sind die Afrikanerinnen und Afrikaner mit ihren Nachrichten-Medien nicht. So weist in einer weiteren Umfrage eine Mehrheit der von Afrobarometer Befragten die – vor allem in Regierungsstellen durchaus verbreitete – Meinung zurück, dass Informationen bei staatlichen Stellen nur von Regierungsvertretern genutzt werden, aber nicht der Öffentlichkeit zugänglich sein sollten. Repräsentative Umfragen in 39 afrikanischen Ländern zeigen, dass eine große Mehrheit der Befragten der Ansicht ist, dass sowohl „normale“ Bürger wie auch Medien Zugang zu Informationen über lokale öffentliche Haushalte, Verträge und Gehälter haben sollten. Aber mehr als 70 Prozent der Befragten halten es für sehr unwahrscheinlich, dass die Öffentlichkeit solche Information erhalten würde.

Aus der Umfrage ging auch hervor, dass dort, wo der Zugang zu Informationen über lokale öffentliche Haushalte und Pläne eingeschränkt ist, die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass die Bürgerinnen und Bürger die gewählten Amtsinhaber als korrupt und weniger vertrauenswürdig ansehen.

"Nachrichtenwüsten"

So sehr digitale Nachrichten-Medien auch auf dem Vormarsch sind, so sehr unterliegen auch sie Einschränkungen. Ein britisch-amerikanisches Forscherteam hat im Jahr 2023 untersucht, ob es auf dem afrikanischen Kontinent Online-„Nachrichtenwüsten“ gibt, also Orte oder Regionen, an denen man gar keine oder keine lokalen Nachrichten und Informationen bekommen kann. Sie kamen zu dem Schluss, dass es zwei Formen von Online-Nachrichtenwüsten gibt: zum einen auf der Ebene des Kontinents; über einige Länder und Regionen ist in Online-Medien anderer afrikanischer Länder kaum etwas zu lesen – zum anderen auf nationaler Ebene, d.h. dass Online-Nachrichten eines bestimmten Landes nur sehr selten über weite Teile ihres eigenen Landes berichten.

In der kontinentalen Nachrichtenwüste findet man z.B. eine Reihe großer städtischer Zentren wie Cabinda in Angola oder Dire Dawa in Äthiopien, die nach diesen Angaben so gut wie nie in den afrikanischen Online-Nachrichten auftauchen. Häufiger genannt werden dagegen Städte in den USA oder Europa. Die Abhängigkeit afrikanischer Nachrichtenseiten von westlichen Nachrichtenagenturen, deren Schwerpunkt gewiss nicht die Afrika-Berichterstattung ist, sowie die fehlenden finanziellen Mittel für eigene Recherchen sind wichtige Ursachen für die kontinentalen Online-Nachrichtenwüsten.

Bei den nationalen Nachrichtenwüsten konzentrierten sich die Forscher auf Nigeria und Südafrika. In beiden Ländern stellten sie fest, dass Online-Nachrichten auch dort nur selten über Städte ihrer Länder berichten.

Für Europäer und Deutsche gibt es aber keinen Anlass zu Hochmut. Eine vergleichende Studie zu lokalen Medien in Europa zeigte einen alarmierenden Rückgang bei der Zahl von Lokaljournalisten und eine deutliche Ausweitung von Gebieten, in denen es für Einwohner nicht mehr möglich ist, für sie wichtige unabhängige Informationen zu erhalten. Für Deutschland prophezeite der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) im vergangenen Jahr, dass im Jahr 2025 rund 4.400 Kommunen von keiner Lokalzeitung mehr beliefert werden können. Damit würden 40 Prozent aller deutschen Gemeinden zur Nachrichtenwüste.

Prträt: Ulrich Post, Leiter Team Grundsatzfragen.
Ulrich Post Mitglied im Redaktionsbeirat

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