Wie wird die Lage in Simbabwe im Vergleich zu anderen Ländern bewertet?
Die Kornkammer wieder füllen
Die Hungersituation in Simbabwe ist angespannt. Im Welthunger-Index hat der südafrikanische Staat den Hunger-Schweregrad „ernst“. Das war nicht immer so: Als Fatima Gapa ein Kind war, lebte sie in einem blühenden Land.
Auf den fruchtbaren Böden Simbabwes wuchsen so reiche Ernten, dass Fatimas Heimat bis in die 1990-iger Jahre den Spitznamen „Kornkammer Afrikas“ trug. Reiche Bodenschätze sorgten dafür, dass die Menschen sich eine gute Bildung leisten konnten. Die Alphabetisierungsrate war hoch, die Infrastruktur gut ausgebaut.
Landreform und Klimawandel brachten den Hunger
Vor knapp 20 Jahren kehrte sich diese positive Entwicklung dann jedoch ins Gegenteil: Durch eine gewaltsame Landreform verloren rund 4.000 Großgrundbesitzer*innen ihren Besitz; ihre Arbeiter*innen wurden entlassen oder vertrieben. Fatima erlebte als junges Mädchen, wie die Lebensperspektiven ihrer eigenen und tausender anderer Familien zerstört wurden. Noch heute leidet das Land unter den Folgen dieser staatlichen Misswirtschaft: Mehr als 38 Prozent der Bevölkerung sind unterernährt, rund 23,5 Prozent aller Kinder unter fünf Jahren leiden unter chronischer Mangelernährung.
Besonders angespannt ist die Situation im Bezirk Gokwe South, südwestlich der Hauptstadt Harare. Seit der Weltmarktpreis für Baumwolle massiv gesunken ist, lohnt sich der Anbau nicht mehr – eine Katastrophe für die kleinbäuerlichen Landwirt*innen in dieser Gegend, für die Baumwolle lange Zeit ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor war. Den rund 15.000 kleinbäuerlichen Familien mangelt es an Kenntnissen in alternativen, innovativen Anbautechniken, sie haben keinen Zugang zu Infrastruktur oder hochwertigem Saatgut. Zusätzlich leiden sie unter den Folgen des Klimawandels: Durch anhaltende Dürreperioden werden ganze Ernten vernichtet. Die Menschen hungern.
Hier in Gokwe South lebt auch die 24-jährige Fatima mit ihrer Familie. Sie arbeitet im landwirtschaftlichen Betrieb ihrer Eltern.
Selbstvertrauen durch Wissen stärken
Seit 2007 arbeitet die Welthungerhilfe mit ihren Partnern an dem Ziel, die Kleinbäuer*innen in Gokwe South auf dem Weg in eine bessere Zukunft zu unterstützen. Zuletzt wurde hier 2018 das Agricultural Business Center (ABC) gegründet.
Wissen, Selbstvertrauen, Kontakte und Mut: Im Agricultural Business Center erhalten junge Landwirt*innen Schulungen in innovativen landwirtschaftlichen Anbaumethoden und Viehzucht, sie können sich zu den Themen Existenzgründung oder Kreditvergabe beraten lassen und treffen potenzielle Kunden, Händler und weiterverarbeitende Betriebe, um sich in die wichtigen lokalen Netzwerke zu integrieren.
Mit den Kompetenzen wächst auch das Vertrauen der jungen Menschen in die eigenen Fähigkeiten und in die Zukunft: „Dank der Beratung und Unternehmer-Trainings im ABC habe ich das Selbstvertrauen und den Mut gefunden, meine eigene Idee umzusetzen und eine erfolgreiche Geschäftsfrau zu werden“, sagt Fatima, die das Agricultural Business Center vom ersten Tag an besucht.
Dank der Beratung und Unternehmer-Trainings im ABC habe ich das Selbstvertrauen und den Mut gefunden, meine eigene Idee umzusetzen und eine erfolgreiche Geschäftsfrau zu werden.
Fatima Gapa Jungunternehmerin in Gokwe South, SimbabweVor allem Frauen und den 4.500 Jugendlichen im Projektgebiet soll das soziale Gemeinschaftsunternehmen von Landwirt*innen, Privatfirmen, Bezirksrat und Welthungerhilfe dabei helfen, ihren Lebensunterhalt langfristig aus eigener Kraft zu sichern. Die Mitglieder des Agricultural Business Centers zahlen den Landwirt*innen faire Preise für ihre Erträge und machen geeignete Märkte ausfindig. Durch berufliche Qualifizierungsmaßnahmen und Zugang zu hochwertigem Saatgut und modernen Geräten lassen sich Erträge und Einkommen deutlich steigern, so dass mehr Nahrungsmittel für alle verfügbar sind. Die sprichwörtliche Kornkammer soll sich perspektivisch wieder füllen.
Die Kraft liegt im Netzwerk
Fatimas Idee, eine eigene Geflügelzucht, ist bereits jetzt lukrativ: „Meine 232 Hennen legen 180 Eier am Tag. Im ABC habe ich Kontakt zu einem lokalen Supermarkt geknüpft, an den ich die Eier nun verkaufe.“ Und doch ist sie noch lange nicht am Ziel: Mit Hilfe eines Business Advisory Officers im Agricultural Business Center erhielt Fatima einen Platz im Mentoring-Programms des Supermarkts. Das bedeutet, dass sie nun einmal in der Woche an einer Fachschulung teilnehmen und sich so ständig weiterbilden kann. Ihr nächstes Etappenziel hat die junge Geschäftsfrau schon fest vor Augen: „Ich möchte den Bestand meiner Geflügelfarm auf mindestens 500 Hennen erweitern.“
So hilft die Welthungerhilfe
- Schulungsangebote für kleinbäuerlichen Landwirt*innen in innovativen landwirtschaftlichen Anbaumethoden und Viehzucht
- Aufbau von Wertschöpfungsketten: Mit Trainings in Techniken der Weiterverarbeitung und der Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse
- Unterstützung von 40 örtlichen bäuerliche Verbände und Genossenschaften
- Förderung von Spar- und Kreditvereinen
- Beratungen für Existenzgründer*innen - von der Geschäftsidee, über den Businessplan bis zur Umsetzung
- Hilfe bei der Kreditvergabe für Investitionen und bei der Finanzierung von Kleinunternehmen
- Aufbau eines Netzwerks, das die Produzenten mit Kund*innen, Händler*innen und weiterverarbeitenden Betrieben zusammenbringt