Zivilgesellschaft auf der schwarzen Liste
Nicht nur in Kambodscha, sondern rund um den Globus gerät die Zivilgesellschaft ins Fadenkreuz. Rechte werden eingeschränkt, Freiheiten genommen. Wie kommt das?
Während meines Praktikums bei der Welthungerhilfe in Kambodscha, bekomme ich die besorgniserregenden Entwicklungen im Land hautnah mit und versuche, die Hintergründe zu verstehen. Es ist Montagmorgen und ich schlängle mich mit dem Fahrrad durch das Verkehrschaos in Phnom Penh zu unserem Büro. Die Abgaswolken machen mir wie jeden Tag zu schaffen und die schon starke Morgensonne auf meinem schwarzen Shirt macht die Fahrt nicht gerade angenehmer. Ich bin froh, als ich endlich im Büro ankomme.
In den Online-Nachrichten stoße ich auf die neueste Blitzmeldung: Gerade wurden sechs Menschen auf dem Weg zur heute initiierten „Black Monday Campaign“ in Phnom Penh verhaftet. Die Demonstranten trugen im Zuge der Kampagne schwarze T-Shirts, um für die Freilassung von inhaftierten Menschenrechtsaktivisten aufzurufen.
Anspielung: Black Monday, eine „Farbrevolution“?
Mit einem merkwürdigen Gefühl und meinem schwarzen Shirt lese ich weiter. Die kambodschanische Zeitung Cambodia Daily schreibt schon am 9. Mai: „Ein Regierungssprecher warnte am Sonntag, dass die geplanten Demonstrationen zur Freilassung der Aktivisten als Akt einer Rebellion gesehen werden und das Tragen von schwarzen T-Shirts durch die Demonstranten einer „Farbrevolution“ gleichkommen würde.“
Eine Farbrevolution? Eine Anspielung? Denn auch wenn damit eigentlich eine friedliche Revolution gemeint ist, erinnert der Begriff in Kambodscha doch an viel mehr – schließlich hat Kambodscha erst 30 Jahre Unruhen und Bürgerkrieg hinter sich gebracht und die Revolution der Roten Khmer in den 70er Jahren ging mit einem grausamen Genozid einher.
Dass diese Zeit noch nicht wirklich aufgearbeitet wurde, kommt in Gesprächen mit meinen kambodschanischen Arbeitskollegen durch, wird in den wenigen kritischen Zeitungsartikeln thematisiert und spiegelt sich in der Politik wieder. Denn auch der seit 1985 amtierende Premierminister Hun Sen diente einst als Kommandeur der Roten Khmer.
Zahl der politischen Gefangenen steigt
Die kürzlich durchgeführten Festnahmen von Demonstranten und Aktivisten sind kein Einzelfall in Kambodscha: Insgesamt 29 politische Gefangene zählt die Partnerorganisation der Welthungerhilfe „Cambodian League for the Promotion and Defense of Human Rights“ (LICADHO) derzeit – ein rapider Anstieg.
Zu den prominentesten Fällen gehören vier Mitarbeiter der Menschenrechtsorganisation „Cambodian Human Rights and Development Association“ (ADHOC) und ein Mitglied des Nationalen Wahlkomitees. Die Aktivisten sitzen in Untersuchungshaft wegen angeblichen Bestechungen in einem Sexskandal um Kem Sokha, den Vize-Chef der Oppositionspartei „Cambodian National Rescue Party“ (CNRP). Gegen Sam Rainsy, Präsident von CNRP, läuft bereits seit November 2014 ein Haftbefehl.
Neben Opposition und Aktivisten bekommen auch NGOs zunehmend politischen Druck in Kambodscha zu spüren.
Verena DonislreiterSoziale Medien ermöglichen Vernetzung und der Ruf nach Veränderung in Kambodscha wird lauter.
Verena DonislreiterNach über 37 Jahren an der Macht, bangt die regierende Partei Cambodian’s People Party (CPP) nun wohl um die nächste Amtsperiode und versucht jeglichen Dialog, Kritik oder politische Partizipation im Keim zu ersticken.
Die politische Elite in Kambodscha ist dabei eng mit der wirtschaftlichen verknüpft: Ressourcen werden von einigen wenigen Tycoons kontrolliert; Landraub wird nach wie vor im großen Stil betrieben; Regenwald wird abgeholzt und Industrieplantagen errichtet. Nicht umsonst steht die Sicherung von Landrechten und Schutz des Regenwaldes ganz oben auf der Agenda des Welthungerhilfe Programms in Kambodscha.
Mit Propaganda Erinnerungen wecken und Ängste schüren
Die Angst der kambodschanischen Regierung und Eliten, Kontrolle und Macht zu verlieren, zeigt sich in dem vor kurzem veröffentlichten Propaganda-Video der Regierung. Darin wird davor gewarnt, Rechte „zu sehr“ in Anspruch zu nehmen. Ängste vor erneuten Unruhen im Land werden geschürt.
Das Video zeigt unter anderem Vorher- /Nachher-Bilder von Syrien und propagiert: „Dies ist das Ergebnis, wenn Rechte missbraucht werden. Werden Rechte übermäßig in Anspruch genommen, kommt es zu Zerstörung, zerbrochenen Familien, hunderttausenden Toten […]“. Das Video wurde – ironischerweise – vom staatlichen Human Rights Committee produziert und war bis vor kurzem noch auf YouTube verfügbar.
Für mich stellt das nicht nur die Demokratie in Frage, sondern auch die nachhaltige Entwicklung des Landes. Schließlich stützt sich langfristige und nachhaltige Entwicklung auf eine aktive Zivilgesellschaft.
Zivilgesellschaft als treibender Motor für Entwicklung
Die Stärkung der Zivilgesellschaft gewinnt weltweit an Stellenwert in den entwicklungspolitischen Agenden und ist auch ein Schwerpunkt der Welthungerhilfe in Kambodscha. Zur Förderung von zivilgesellschaftlichen Akteuren unterstützt die Welthungerhilfe das überregionale Trainingsinstitut Civil Society Academy, das seine Aktivitäten besonders in Kambodscha ausweiten will.
Nach meinen Erfahrungen in Kambodscha bin ich überzeugter denn je, dass eine informierte und lebendige Zivilgesellschaft der Schlüssel für die Entwicklung eines Landes in jeglicher Hinsicht ist – ob politisch oder wirtschaftlich.
Nach über 37 Jahren an der Macht, bangt die regierende Partei Cambodian’s People Party (CPP) nun wohl um die nächste Amtsperiode und versucht jeglichen Dialog, Kritik oder politische Partizipation im Keim zu ersticken.
Die politische Elite in Kambodscha ist dabei eng mit der wirtschaftlichen verknüpft: Ressourcen werden von einigen wenigen Tycoons kontrolliert; Landraub wird nach wie vor im großen Stil betrieben; Regenwald wird abgeholzt und Industrieplantagen errichtet. Nicht umsonst steht die Sicherung von Landrechten und Schutz des Regenwaldes ganz oben auf der Agenda des Welthungerhilfe Programms in Kambodscha.
Mit Propaganda Erinnerungen wecken und Ängste schüren
Die Angst der kambodschanischen Regierung und Eliten, Kontrolle und Macht zu verlieren, zeigt sich in dem vor kurzem veröffentlichten Propaganda-Video der Regierung. Darin wird davor gewarnt, Rechte „zu sehr“ in Anspruch zu nehmen. Ängste vor erneuten Unruhen im Land werden geschürt.
Das Video zeigt unter anderem Vorher- /Nachher-Bilder von Syrien und propagiert: „Dies ist das Ergebnis, wenn Rechte missbraucht werden. Werden Rechte übermäßig in Anspruch genommen, kommt es zu Zerstörung, zerbrochenen Familien, hunderttausenden Toten […]“. Das Video wurde – ironischerweise – vom staatlichen Human Rights Committee produziert und war bis vor kurzem noch auf YouTube verfügbar.
Für mich stellt das nicht nur die Demokratie in Frage, sondern auch die nachhaltige Entwicklung des Landes. Schließlich stützt sich langfristige und nachhaltige Entwicklung auf eine aktive Zivilgesellschaft.
Zivilgesellschaft als treibender Motor für Entwicklung
Die Stärkung der Zivilgesellschaft gewinnt weltweit an Stellenwert in den entwicklungspolitischen Agenden und ist auch ein Schwerpunkt der Welthungerhilfe in Kambodscha. Zur Förderung von zivilgesellschaftlichen Akteuren unterstützt die Welthungerhilfe das überregionale Trainingsinstitut Civil Society Academy, das seine Aktivitäten besonders in Kambodscha ausweiten will.
Nach meinen Erfahrungen in Kambodscha bin ich überzeugter denn je, dass eine informierte und lebendige Zivilgesellschaft der Schlüssel für die Entwicklung eines Landes in jeglicher Hinsicht ist – ob politisch oder wirtschaftlich.