Der russische Angriffskrieg ist eine humanitäre Katastrophe. Wir unterstützen Menschen in der Krisenregion.
Wärme für Vira und ihre Familie
Im Oblast Charkiw in der Ukraine kümmern wir uns gemeinsam mit unseren Partnern um Öfen und verteilen Brennholz, damit die Menschen durch den Winter kommen – unter ihnen auch Vira und ihre Familie.
Die 7-jährige Zoya* spielt auf dem Hof Köchin. Mit einem Löffel rührt sie ihren „Porridge“ um, einen Brei aus Erde und Wasser. Ihr drei Jahre älterer Bruder beklagt sich, dass es keinen Schnee gibt. Im Winter sei der doch das Einzige, was Unterhaltung biete.
Vira*, die Mutter der beiden Kinder, sieht das etwas anders: „Ich bin froh, dass es seit einer Woche keinen Frost mehr gegeben hat. Das bedeutet, dass wir ein bisschen weniger Holz brauchen werden”, sagt sie. Weil es im Dorf keine zentrale Gasversorgung gibt, ist das Heizen mit Brennholz die einzige Möglichkeit, die Familien warm zu halten. Die durchschnittliche Temperatur liegt hier im Winter bei sechs bis neun Grad unter Null. Heizen ist für viele Familen aber zum Luxus geworden. „Haben Sie den Preis für Brennholz gesehen?”, fragt Vira, „Woher sollen wir das Geld nehmen, wenn eine Wagenladung Brennholz 15.000 Hrwynja (360 Euro) kostet? Es gibt kein Gas, es gibt nichts!“
Mit Ihrer Spende finanzieren wir unter anderem Öfen und Brennholz für Familien in der Ukraine.
Die lokale Wirtschaft ist ruiniert
In Viras Dorf, das nur 30 Kilometer von der Grenze zu Russland entfernt liegt, findet kaum jemand mehr Arbeit. Die Ukraine ist vor allem bekannt für ihre großflächige Landwirtschaft. Durch den Krieg sind jedoch etwa 20 Prozent der Fläche verloren gegangen und viele Großbetriebe mussten ihre Arbeit einstellen, weil ihre Maschinen und auch ein Teil der Infrastruktur zerstört wurden.
Die Menschen versuchen so gut es geht über die Runden zu kommen. Einige werden von Verwandten finanziell unterstützt, andere von humanitären Organisationen. Vira ist Computerlehrerin, ihr Mann arbeitete in der Landwirtschaft, bis sein Lohn nicht mehr gezahlt wurde.
Psychosoziale Betreuung für Viras Kinder
Für Vira ist es, als hätte es ihr früheres Leben nie gegeben. Damals gingen sie zum Fluss oder in den Zoo und spazierten durch Charkiw. Doch dann begann der Albtraum. Die russische Armee marschierte in das Dorf ein.
„Wir wurden von einem Geräusch geweckt. Zuerst dachte ich, es sei ein Gewitter. Dann sah ich Blitze im Haus. Alles im Zimmer war rot. Ich stand auf und weckte meinen Mann. Ich habe ihm gesagt, dass Krieg ist. Wir hatten große Panik und zwangen uns, uns zu beruhigen. Aber es war unmöglich, nach draußen zu gehen. Raketen, Hubschrauber und Flugzeuge flogen vorüber.“
Als nach Monaten die Ukrainer*innen die Kontrolle über das Gebiet wiedererlangten, erzählt Vira, fühlten sie sich etwas besser. Doch noch immer haben die Kinder ausschließlich Online-Unterricht. Dreimal pro Woche werden sie zudem von Psycholog*innen besucht. Heute haben die Kinder Ferien.
Ich wünsche mir, dass der Krieg vorbei ist.
Vira aus dem Oblast CharkiwDie Erinnerungen an das Erlebte spiegeln sich auch in ihren Spielen wider. „Im Sommer haben sie immer gespielt, sie wären im Schützengraben, mit Raketenwerfern und Gewehren. Jetzt tun sie das nicht mehr. Vielleicht, weil sie mit anderen Kindern darüber sprechen konnten, und sie haben Kurse mit psychologischer Unterstützung.“
Unterstützung von JERU
Auf ihrem Hof ist es laut – Freiwillige bauen einen Ofen für die vierköpfige Familie in der Küche ein. Das Dorf gehört zu den am stärksten vom Krieg betroffenen Gebieten im Oblast Charkiw, deshalb erhalten die Bewohner*innen Unterstützung durch ein Projekt, das vom ukrainischen Fonds für Humanitäre Hilfe finanziert und von JERU (Joint Emergency Response in Ukraine) durchgeführt wird.
Zu den Aktivitäten gehören psychosoziale Betreuung für traumatisierte Kinder und Erwachsene, die Bereitstellung von Bargeld, damit sich die Familien mit dem Nötigsten versorgen können, die Installation von Öfen sowie die Verteilung von Brennholz und Briketts. Insgesamt werden 2.040 Haushalte, rund 5.263 Personen, in die Lage zu versetzt, ihre Grundbedürfnisse während des kalten Winters zu decken und ihre Lebensumstände zu verbessern.
Mit Mut in die Zukunft
Das Schrillen einer Luftschutzsirene mischt sich unter das Geräusch der Metallsäge. Die Frontlinie liegt 40 Kilometer entfernt. Das unheimliche Echo der Kämpfe ist Tag und Nacht zu hören.
Die kleine Zoya schmiegt sich an ihre Mutter, als sie die schrillen Geräusche hört. „Am Anfang hatten die Kinder Angst, große Angst, aber dann haben sie sich daran gewöhnt. Wenn etwas fliegt oder schießt, rennen sie los und verstecken sich, legen sich auf den Boden. Wir haben ihnen beigebracht, sich sofort auf den Boden zu legen, wenn sie etwas hören.“
Auch wenn die Familie mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, verliert Vira nicht den Mut und hofft, dass sie das Schlimmste hinter sich haben. „Ich lebe dafür, dass alle gesund und zufrieden sind. Ich wünsche mir, dass der Krieg vorbei ist.“
*Namen aus Sicherheitsgründen geändert