Die Auswirkungen des Klimawandels sind eine zentrale Ursache für Hunger und Armut.
COP28: Mehr Schatten als Licht in der arabischen Wüste
Die 28. UN-Klimakonferenz (COP28) ist zu Ende gegangen, die Ergebnisse sind ernüchternd. Michael Kühn, Klimaexperte der Welthungerhilfe, gibt seine Einschätzung ab.
Die UN-Klimakonferenz COP28 in Dubai war eine Veranstaltung mit mangelhaftem Ergebnis. Den konsensbasierten UN-Prozess trifft dabei keine Schuld. Es sind die Staaten, die verhandeln, die Ölindustrien, die sich einmischen. Sie stellen zu oft ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen über die der internationalen Gemeinschaft und ihrer verwundbarsten Mitglieder.
Für die von Hunger, Armut und Wetterextremen betroffenen Menschen im globalen Süden ist das, was beschlossen wurde, mal wieder zu wenig, zu langsam und für die verletzlichsten Menschen in besonders betroffenen Regionen im schlimmsten Fall tödlich.
Ausstieg aus fossilen Energien kommt im Abschlusstext der COP28 nicht vor
Wenn die Präsidentschaft der Klimakonferenz COP28 in einem erdölexportierenden Land stattfindet, das seinen Wohlstand ausschließlich dem Verkauf fossiler Brennstoffe verdankt, darf man sich nicht wundern, wenn es versucht, an seinem Geschäftsmodell festzuhalten. Der von vielen erhoffte und erwartete Ausstieg aus dem fossilen Zeitalter, der eigentlichen Ursache der Klimakrise, kommt in dem Abschlusstext der COP28 in Dubai in letzter Konsequenz nicht vor. Es ist allenfalls ein Einstieg.
Da helfen auch die wissenschaftlichen Berichte nicht, die unablässig daran erinnern, wie weit die Menschheit von der Einhaltung des in Paris beschlossenen 1,5-Grad-Ziels entfernt ist. Und welche Folgen die weitere Nutzung von Öl, Kohle und Gas für den verletzlichsten Teil der Weltbevölkerung hat, der in der Regel auch noch arm ist, an Hunger leidet und häufig von Katastrophen heimgesucht wird.
So heißt es in dem Text, man erkenne „die Notwendigkeit einer tiefgreifenden, raschen und nachhaltigen Verringerung der Treibhausgasemissionen im Einklang mit dem 1,5 °C-Pfad an und fordert die Vertragsparteien auf, unter Berücksichtigung des Übereinkommens von Paris und ihrer unterschiedlichen nationalen Gegebenheiten, Pfade und Ansätze auf nationalem Wege zu den folgenden globalen Anstrengungen beizutragen“. Immerhin soll bis 2030 eine Verdreifachung der weltweiten Kapazität an erneuerbaren Energien und eine Verdoppelung der Energieeffizienz erreicht werden. Lediglich eine Abkehr von fossilen Brennstoffen in Energiesystemen wurde vereinbart, um im Einklang mit wissenschaftlichen Erkenntnissen bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen.
Das bedeutet nichts anderes als einen Ausstieg aus den Emissionen, nicht aber aus den fossilen Energieträgern. Diese können sogar mit emissionsfreien und emissionsarmen Technologien wie der Kohlenstoffabscheidung, -nutzung und -speicherung weiter genutzt werden. Das hatten sich die EU, Deutschland und auch die Zivilgesellschaft anders vorgestellt und muss als Zugeständnis an die erdölexportierenden Staaten interpretiert werden.
Fatales Signal für die Umgestaltung der Ernährungssysteme
Dabei wurden Vorschläge diskutiert, die einen vollständigen Ausstieg aus den fossilen Energien für alle Länder möglich machen sollten. Z.B. einen Ausstieg in unterschiedlichen Geschwindigkeiten, um vor allen Dingen einkommensschwächeren Ländern Entwicklung und Fortschritt unter Einsatz ihrer Ressourcen zu ermöglichen. Dazu gehören dann neben dem Ausbau der regenerativen Energien auch die Nutzung von Gas, Öl und Kohle als Übergang. Aber das hätte eben nicht für Industrie- und Schwellenländer gegolten.
Auch der Privatsektor wird die Signale aus Dubai verstehen. Er kann immer noch auf die Energiegewinnung durch Öl und Gas setzen. Das ist auch ein fatales Signal an die Akteure, die sich um die Umgestaltung der Ernährungssysteme kümmern. Die Umstellung auf umweltfreundliche und treibhausgasfreie Energieformen ist nun nicht mehr zwingend vorgeschrieben. Anerkannt wird in dem Text lediglich, dass die „Gewährleistung der Ernährungssicherheit und der Beendigung des Hungers sowie der besonderen Anfälligkeit der Nahrungsmittelproduktionssysteme für die negativen Auswirkungen des Klimawandels“ Priorität haben sollte.
Es bleibt weitgehend unklar, welche Rolle Ernährungssysteme im Rahmen von Klimaschutzplänen der Staaten in der Zukunft spielen.
Michael Kühn Referent Klimapolitik bei der WelthungerhilfeIm Übrigen taucht der Begriff „food“ in dem Kapitel zur Bestandsaufnahme sowie im Anpassungstext jeweils nur dreimal auf. Auch da hatte die Zivilgesellschaft mehr erwartet. So bleibt weitgehend unklar, welche Rolle Ernährungssysteme – also die Art und Weise wie wir Nahrung anbauen, weiterverarbeiten, lagern, transportieren und konsumieren – im Rahmen von Klimaschutzplänen der Staaten in der Zukunft spielen.
Immerhin gab es außerhalb der Verhandlungen Initiativen, die sich mit dem Zusammenhang von Ernährungssicherung, Ernährungssystemen und Klimawandel beschäftigt haben. Darunter die von 158 Staaten verabschiedete Erklärung der COP-Präsidentschaft zu nachhaltiger Landwirtschaft, widerstandsfähigen Ernährungssystemen und Klimaschutz. Oder der von der FAO vorgelegte „Netto-Null“-Ernährungssicherungsplan mit dem Ziel, das 1,5-Grad-Limit einzuhalten. Immerhin, das Thema ist in der internationalen Klimapolitik angekommen.
Keine wesentlichen Fortschritte beim globalen Ziel der Klimaanpassung
Die Bemühungen, den Klimawandel zu stoppen, sind unzureichend. Wir müssen lernen, mit den Veränderungen zu leben.
Anpassung ist traditionell ein Schwerpunkt der einkommensschwächeren Länder, da sie am stärksten von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind und nur selten in der Lage sind, angemessen zu reagieren. Sie fordern klare, zeitlich begrenzte Ziele für spezifische Anpassungsmaßnahmen wie Frühwarnsysteme oder eine ausreichende Wasserversorgung und mehr Unterstützung durch die einkommensstärkeren Länder, einschließlich finanzieller Mittel.
Der Widerstand der reicheren Länder, angeführt von den Vereinigten Staaten, gegen konkrete Ziele für ein globales Anpassungsziel sowie unzureichende Finanzmittel für die Anpassung, sorgte dafür, dass signifikante Fortschritte beim globalen Ziel ausblieben. Für viele ärmere Länder, die ständig mit Dürren und Überschwemmungen zu tun haben und sich nur ungenügend auf diese Katastrophen einstellen können, ist ein ambitioniertes, globales Anpassungsziel aber eine Frage von Leben oder Tod.
Ein großes Dilemma, das sich auch in den Abschlusstexten widerspiegelt, blieben so die zu geringen und fehlenden Mittel zur Umsetzung, die die Länder für ihre Klimaschutzambitionen brauchen, Technologie und Geld. Und wenn es davon nicht genug gibt, schwindet eben auch die Zustimmung zum Ausstieg aus den fossilen Energien.
Das Positionspapier der Welthungerhilfe zur die Klimakonferenz (COP28) in Dubai.
Klimafonds muss weiter gefüllt werden
Zwar haben die Vereinigten Arabischen Emirate und Deutschland am ersten Tag für eine positive Überraschung gesorgt, indem sie jeweils 100 Millionen USD für den Fonds für Schäden und Verluste zur Verfügung gestellt, und damit gezeigt haben, dass auch Schwellenländer in der Lage sein sollten, in Klimafonds einzuzahlen. Doch die die Gesamtbilanz der Klimafinanzierung ist ernüchternd.
Insgesamt sind nur 655 Mio. USD für den Fonds zusammengekommen und nur 165,2 Mio. USD für den Anpassungsfonds, angepeilt war das Doppelte. Das ist mehr als ungenügend im Vergleich zum Bedarf, der nach UN-Angaben allein für Schäden und Verluste bis 2030 auf über 500 Mrd. USD geschätzt wird. Die mangelnde Klimafinanzierung bleibt somit die zentrale Glaubwürdigkeitslücke. Nach Angaben der Vereinten Nationen ist für die Anpassung das zehn- bis 18-fache des aktuell zur Verfügung stehenden Geldes notwendig.