Als Nothelferin tausende Säcke verschifft
Lourdes Mugica ist seit 20 Jahren für die Welthungerhilfe in aller Welt im Einsatz. Sie war in aller Welt unterwegs, unter anderem leitete sie Nothilfeprojekte in Mosambik, Angola und Haiti. Heute lebt sie in Hamburg. Für die Reihe „Die Anpacker“ in der Zeitung Welternährung führte ich ein Gespräch mit ihr. Erfahrt hier, warum Sie für mich definitiv eine Anpackerin ist: Nicht die Schiffe und das Wasser bringen Lourdes in Verzückung, wenn sie von ihrem Haus aus in Richtung Hamburger Hafen blickt. Es sind die riesigen Container, mit denen täglich Tausende Tonnen von Waren in die Welt verschifft werden. „Früher war es nicht üblich, Hilfsgüter containerweise per Schiff zu verschicken”, sagt Mugica.
Vor über 20 Jahren, als sie erstmals mit der Entwicklungszusammenarbeit in Berührung kam, sei die Arbeit der Hilfsorganisationen lange nicht so professionell wie heute gewesen. Containertransporte waren teuer und etwas Außergewöhnliches. Wenn eine Hungersnot am anderen Ende der Welt ausbrach, wurden große Mengen Essen sackweise in den Schiffsbäuchen transportiert. „Das hat unsere Arbeit erschwert. Zum Beispiel Anfang der 1990er-Jahre, als ich Nahrungsmittel an Flüchtlinge in Angola verteilen sollte, wurden 5.000 Tonnen Mais in 100.000 Säcken per Schiff angeliefert. Ein schnelles Ausladen der Fracht war unmöglich: Nach und nach mussten die Säcke auf selbst gebastelte Paletten umgeladen werden, erst danach konnte der Inhalt an die Hungernden weitergegeben werden. Es hat einen Monat gedauert, bis wir die Fracht verteilt hatten.”
Nach Deutschland kam die Spanierin 1972
Nach der Ausbildung zur Krankenschwester studierte sie in Gießen Soziologie, Politikwissenschaften und Medizinische Psychologie. 1987 ergatterte sie ein Forschungsstipendium für Simbabwe. Thema: „Der Wandel von Ernährungsgewohnheiten”. Sie war damals eine der ersten Soziologinnen in der Entwicklungszusammenarbeit! Während ihrer Zeit in Simbabwe kam Lourdes in Kontakt mit der Welthungerhilfe - sie sprang kurzerhand für eine Malaria-erkrankte Mitarbeiterin ein.
Seit 1990 immer wieder für die Welthungerhilfe im Einsatz
Sie ist nach Katastrophen in der Nothilfe aktiv, vertritt Kollegen, die längerfristige Entwicklungsprojekte durchführen, erstellt Gutachten über Projektfortschritte und berät lokale Partner bei der Durchführung von Projekten. So hat die Soziologin beispielsweise Projekte in Ecuador, Bolivien und Peru begutachtet und den Gemüseanbau in kubanischen Städten geplant. Inzwischen ist sie weniger umtriebig. Der Grund: ihre drei Kinder im Alter von elf, 14 und 16 Jahren. „Ich möchte Zeit mit ihnen verbringen. Aber nach ein paar Wochen hier vermisse ich die Welt draußen. Aber ich nehme jetzt nur noch Aufträge an, die nicht länger dauern als drei Monate.” In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich die Arbeit gewandelt: Heute sei Partizipation selbstverständlich, das Monitoring, also die genaue Überprüfung, was mit Spendengeldern, Baumaterialien oder Nahrungsmitteln geschieht, sei professioneller.
Früher mussten wir alles selber machen. Eigeninitiative, Entscheidungen treffen – das war gefragt. Während meiner Einsätze kam es vor, dass ich in Gebiete kam, in die vorher noch kein Entwicklungshelfer seinen Fuß gesetzt hatte. Ich bzw. wir in Team mussten allein abklären: Wie ist die Situation, wo kann ich übernachten, wo bekomme ich Hilfsgüter her, wo kann ich einen Stützpunkt aufbauen, von dem aus ich meine Arbeit koordiniere?
Kaum Kommunikation mit der Außenwelt
Es gab in den Einsatzgebieten weder Telefon noch Internet. Erst nach 1992 wurden die ersten Satellitentelefone eingeführt. Der Apparat bestand aus einem riesigen, schweren Koffer und hatte nur an wenigen Orten Empfang. Heute ist das ja ganz anders…. Via Telefonkonferenz teilt Mugica ihren Kollegen in Bonn mit, wie es den Erdbebenopfern in Haiti geht, und vereinbart per Mail Termine. Und sie kann ihrer Familie per SMS sagen, dass es ihr gut geht. „Das Gefühl, weit weg zu sein, gibt es nicht mehr. Doch egal, um wie viel näher ich meiner Familie dank neuer Kommunikationsmittel fühle: Nach spätestens drei Monaten kehre ich zurück nach Hamburg.”