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28.05.2015 | Blog

DoItYourself-Binden in Uganda sichern die Schulausbildung

24 Augenpaare sind gespannt auf mich gerichtet. Die dazugehörigen Lehrerinnen staunen. Ich befinde mich im ländlichen Norduganda, im Amugu Sub-County, 65 km östlich von Lira.

Eine Frau erklärt die Funktion und Benutzung einer Binde
Ein Workshop zu Menstruation und Pubertät kann Bildung sichern.
Alina Zalewski Freiwillige "Weltwärts"

Mit meiner Kollegin Jennifer führe ich gerade einen Workshop über Pubertät, Menstruation und Hygienemanagement mit Grundschullehrerinnen aus der Region durch. Ich stutze. „Natürlich ist es nicht ganz so einfach, aber in Deutschland wird über das Thema Pubertät in der Familie, mit Freunden, in den Medien und auch in der Schule aufgeklärt und offen diskutiert.“ „Unfassbar!“ ruft eine Lehrerin. Jennifer mischt sich in die Diskussion ein:

Und in Deutschland müssen die Mädchen die Schule nicht abbrechen, nur weil sie nicht wissen, wie sie ihre Periode zu handeln haben. Und genau DAS wollen wir auch hier in Norduganda erreichen!

Sex und Menstruation sind in Uganda, wie in vielen afrikanischen Ländern, immer noch Tabuthemen

„Viele Eltern hoffen, dass die Themen Pubertät und Sexualität in der Schule angesprochen werden. Die Lehrer denken wiederum, dass Aufklärung die Aufgabe der Eltern sei und besprechen die Thematik nur ganz oberflächlich.“ erklärt mir Jennifer. Das Resultat: Häufige Schwangerschaften in jugendlichem Alter. Unwissenheit ist weit verbreitet – auch unter Erwachsenen.

Außerdem: Mädchen bleiben der Schule fern, wenn sie ihre Tage bekommen. Sie wissen nicht, was es bedeutet, wenn ihre Periode einsetzt, oder sie können sich die einfachsten hygienischen Produkte nicht leisten. Das Verpassen des Unterrichts führt häufig zum Nicht-Bestehen von Klassenarbeiten, was wiederum einen Schulabbruch nach sich ziehen kann. Die Ziele unseres heutigen Workshops sind deshalb:

Neben einer biologischen Aufklärung am ersten Tag – man mag sich kaum vorstellen, dass diese gebildeten Frauen so wenig über ihren eigenen Körper wissen – ist der zweite Tag nun praktischer ausgerichtet. In vertraulicher Runde sitzen wir zusammen und diskutieren Herausforderungen, die (Schul-)Mädchen beim Einsetzen ihrer Menstruation unvermeidlich begegnen. Ich bemühe mich, nachzuempfinden, welchem Stress die ugandischen Mädchen jeden Monat ausgesetzt sind. Ihre Sorgen beginnen bei fehlenden finanziellen Mitteln und enden bei Hänseleien und kulturbedingter Ablehnung und Ausgrenzung.

Fehlende Hygieneartikel: Schulmädchen verpassen in Uganda bis zu 20% des Unterrichts in einem Schuljahr

Wie in vielen anderen Entwicklungsländern, verpassen Schulmädchen auch in Uganda bis zu 20% des Unterrichts in einem Schuljahr, weil sie schlichtweg nicht über das Geld verfügen, sich Binden und andere Hygieneartikel zu kaufen. Etwa 10% des gesamten Monatseinkommens einer Familie (durchschnittlich um die acht Personen) müssten dafür aufgebracht werden. Deshalb benutzen Mädchen oft alternative Materialien, um ihrer Menstruation zu begegnen: Bananenschalen, alte Kleidung, Sand, Erde, Taschentücher, alte Plastiktüten. Sauber sind diese nicht immer, und somit besteht eine erhebliche Infektionsgefahr.

Habe ich richtig gehört? Bananenschalen und Sand?

Ich schaue etwas ungläubig auf meinen Notizzettel, beschämt, dass ich mir über solche Probleme in meinem deutschen Luxusleben noch nie Gedanken machen musste. Zudem ist die Entsorgung schwierig, denn der kulturelle Glaube besagt, dass ein Witch Doctor, wenn er Blut findet, üble Flüche über die ganze Familie bringen kann – und davor fürchten sich die Mädchen. Außerdem haben Mädchen Angst, dass andere Menschen von ihrer Periode mitbekommen, denn sie gilt als unrein und dreckig. Vor allem fürchten sie sich vor Hänseleien ihrer Mitschüler, ahnen, dass sie bloß gestellt werden könnten und bleiben der Schule deshalb von vornherein fern. „Wir haben keine Umkleideräume für Mädchen in den Schulen.“ „Wechselkleidung oder Binden gibt es auch nicht“, beklagen sich die Grundschullehrerinnen. „Unbemerkt seine Monatsblutung zu managen, ist also kaum machbar“, fügt Jennifer hinzu.

Jede Grundschule hat einen Senior Woman Teacher – eine hauptverantwortliche Lehrerin, die die Aufgabe hat, sich um Mädchen mit Problemen zu kümmern, ihnen mit Ratschlägen zur Seite zu stehen, sie zu unterstützen und eben auch über Menstruation aufzuklären. In Realität ist dieses Angebot jedoch weitgehend noch nicht umgesetzt. Wir wollen den Lehrerinnen zeigen, wie überaus wichtig ihre Aufgabe ist.

Große Herausforderung für die Mädchen ist die Stigmatisierung und der Druck der Dorfgemeinschaft.

Mit dem Einsetzen der Periode kommen die Mädchen ins heiratsfähige Alter. Leider wird der traditionelle Brauch von Zwangsverheiratung von Mädchen durch die Familie immer noch und viel zu häufig umgesetzt. Eine weitere kulturelle Eigenheit, vor allem im Westen Ugandas, ist, dass Viehzüchter Mädchen in der Menstruationsphase nicht in die Nähe ihrer Kühe lassen, da sie fürchten, die Kühe würden nur noch Blut anstelle von Milch produzieren. Das darf doch alles nicht wahr sein. Offen gehandeltes Wissen über Menstruation und Pubertät weicht einer umfassenden Tabuisierung, mit der konkreten Folge, dass sich die Mädchen verstecken und an Selbstsicherheit und Selbstvertrauen verlieren.

Eine mögliche Lösung für all diese Probleme: Binden aus lokalen Materialien

Einfach und kostengünstig hergestellt, ermöglichen sie eine Menstruation ohne Sorgen. Mit etwas Stoff aus alter Kleidung, etwas Baumwolle vom Feld, einer Plastiktüte sowie Nadel und Faden kann vieles erreicht werden. Jennifer stellt verschiedene Arten von Binden vor. Wir entscheiden uns für die Variante, die vier Bänder an der Seite hat. Da viele Mädchen keine Unterwäsche tragen, ist das Tragen einer normalen Binde schwierig. Mit Hilfe der Bänder kann die Binde einfach rechts und links an der Hüfte festgebunden werden. Praktisch gedacht.

How to do: DIY- Binden

„Immerhin“ denke ich und betrachte anerkennend die fertige Binde samt Halterung in meinen Händen. Die Materialien sind wirklich einfach zu bekommen. Und auch das zeitaufwändige Nähen ist besser als jegliche Bananenschale mit Sand.

Aufklärungsarbeit von großer Bedeutung

Mit dem Menstrual Reader können die Lehrerinnen gemeinsam mit ihren Schülerinnen mehr über Menstruation lesen und danach darüber reden. Aus eigenen Erfahrungen wissen wir, dass Mädchen, wenn sie unter sich sind, schnell die Scheu vor diesem Thema verlieren und offen über Probleme sprechen. Sie sind meistens sehr interessiert, wissbegierig und stellen viele Fragen. Das kleine Heft hilft ungemein. „Außerdem ist die Bildung von Jungen sehr wichtig“, erklärt Jennifer abschließend im Workshop. Auch Jungs müssen verstehen, dass Menstruation ein völlig natürlicher Prozess bei jeder Frau ist.

Abschließend sagt eine Lehrerin ganz treffend: „Wenn Familien und Lehrer offen über Pubertät und Menstruation reden, alle aufgeklärt sind, wir Frauen uns nicht mehr jeden Monat große Gedanken machen müssen und auch Männer anfangen zu verstehen, dann wäre das der erste Schritt in ein gleichberechtigtes und unbeschwerteres Leben.

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