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10.01.2023 | Blog

SPOUTS of Water: Genial, gesund und ein Gewinn für alle

Ein kleines Social Business löst ein großes Problem: Das ugandische Unternehmen SPOUTS of Water produziert Keramikfilter aus lokalem Ton. Die Welthungerhilfe und ihr Kooperationspartner Viva con Agua haben sich an dem Unternehmen finanziell beteiligt.

Kinder nehmen sauberes Wasser aus einem Keramikfilter.
"Purifaaya"-Wasserfilter sorgen für sauberes Trinkwasser. Seitdem die Schule gefiltertes Wasser hat, sind die Durchfall- und Krankheitsraten deutlich gesunken. © Shabani/Welthungerhilfe

Irene Kamwanya ist Schulköchin der Jehova Primary School im ugandischen Ort Kikajjo. „Früher haben die Kinder einfach das Wasser aus dem Hahn oder dem Brunnen getrunken“, erzählt sie. „Oft haben sie über Durchfall geklagt und die ganze Zeit Bauchschmerzen gehabt.“ Verunreinigtes Wasser verursacht viele schwere Durchfallerkrankungen, bei Kindern unter fünf Jahren ist es sogar die zweithäufigste Todesursache.

Um die Situation an der Schule zu verbessern, kochte Irene Kamwanya Wasser über dem offenen Holzkohlefeuer ab, wie es für rund 40 Prozent der Haushalte in Uganda üblich ist. „Aber ich brauchte dafür fast meine ganze Zeit, und durch den Rauch konnte ich kaum atmen“, sagt sie. Heute dagegen sieht ihr Tagesablauf so aus: Am Morgen füllt die Köchin das Wasser in einen Filter und geht dann ihren anderen Aufgaben nach – und die Kinder haben bereits in der Pause um zehn Uhr sauberes Trinkwasser.

Die Lösung liegt rund 40 Autominuten entfernt in Ugandas Hauptstadt Kampala. Dort hat sich ein kleines Unternehmen eine große Aufgabe gesetzt. „Unsere Mission ist es, alle Menschen in Ostafrika mit sauberem Trinkwasser zu versorgen“, sagt Daniel Yin, Geschäftsführer des Sozialunternehmens SPOUTS of Water, das Keramikfilter herstellt. Deren Grundprinzip ist so alt wie effizient: Ton wird mit kleinen Sägemehlpartikeln gemischt und zu Töpfen geformt. Bei hohen Temperaturen verbrennt das Sägemehl im Ofen und hinterlässt winzige Poren im Ton. Durch sie kann das Wasser in den darunter liegenden Behälter tropfen, die Keime jedoch nicht.

In einer Fabrik werden in einem Ziegelofen zahlreiche Tonfilter gebrannt.
Im Ziegelofen werden die Tonfilter gebrannt. Sechs Wochen dauert der Herstellungsprozess insgesamt. © Shabani/Welthungerhilfe

Bis zu fünfeinhalb Liter pro Stunde können gefiltert werden. Eine Silbernitratbeschichtung sorgt für den zusätzlichen Desinfektionseffekt. So erreichen die Filter eine Sicherheit von 99,9 Prozent – ebenso hoch wie bei abgekochtem und in Flaschen abgefülltem Wasser. Sie sind mindestens zwei Jahre nutzbar und einfach zu reinigen. Das günstigste Modell kostet umgerechnet 25 Euro.

Investition in ein Social Business

Sie sind sicher, und sie sind günstig. Man kann sie sich für zu Hause leisten, und man muss keine teure Holzkohle mehr kaufen, um Wasser abzukochen.

Christopher Munguleni Mitarbeiter in der SPOUTS-Produktion

Christopher Munguleni arbeitet in der Produktion des Unternehmens und ist von den Filtern rundum überzeugt. „Sie sind sicher, und sie sind günstig. Man kann sie sich für zu Hause leisten, und man muss keine teure Holzkohle mehr kaufen, um Wasser abzukochen“, sagt er. SPOUTS of Water ist der einzige Hersteller von Filtern in Uganda und einer der größten in Afrika. Gegründet wurde das Unternehmen von zwei Harvard-Studenten.

Seit 2019 arbeiten die Welthungerhilfe und ihr langjähriger Kooperationspartner Viva con Agua mit SPOUTS of Water zusammen. Sie setzen die Filter in verschiedenen Projekten mit den Schwerpunkten Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene ein. So wuchsen eine vertrauensvolle Geschäftsbeziehung und die Idee, durch einen gemeinsamen Einstieg in das Unternehmen weitere Expansion zu ermöglichen. Seit dem vergangenen Jahr halten die Welthungerhilfe und Viva con Agua 30 Prozent der Unternehmensanteile; jeder von ihnen 15 Prozent. Spenden wurden dabei zu Investitionen.

Was bedeutet das genau und warum engagiert sich die Welthungerhilfe auf diesem Gebiet? „Das Stichwort lautet ‚Social Business‘“, erklärt Florian Landorff, Leiter der Innovationsabteilung der Welthungerhilfe. „Mit diesem Konzept lösen Unternehmen soziale und ökologische Probleme. Mögliche Gewinne gehen nicht an Investoren, sondern werden wieder für den sozialen Zweck reinvestiert. Unsere Beteiligung ist also ein ‚Impact Investing‘. Wir investieren mit dem Ziel, dass das Sozialunternehmen neben einer finanziellen Rendite auch positive Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesellschaft erzielt“, sagt Florian Landorff.

Ideen teilen, Wirkung skalieren: Globale Partnerschaften und soziales Unternehmertum zum Wohle von in Armut lebenden Menschen. Wie man Hunger durch Innovation entgegenwirken kann.

Idealerweise expandiert das Unternehmen im Laufe der Zeit und vervielfacht seine Wirkung. Die Menschen erhalten so langfristige Perspektiven und nachhaltige Strukturen – auch nach Projektende und ohne weitere finanzielle Förderung. SPOUTS of Water ist also ein klassisches „Social Business“.

Die Gesundheitsförderung durch den Filtereinsatz ist direkt messbar. Denn durch verschmutztes Wasser verursachte Krankheiten sind nicht nur an der Jehova Primary School zurückgegangen, sondern überall, wo die Filter zum Einsatz kommen. „Seit 2015 haben wir 70.000 Filter verkauft, die 400.000 Menschen nachhaltig mit sauberem Wasser versorgen“, berichtet Daniel Yin. Ein ansehnlicher Beitrag zu einem gesünderen Leben und zur Verringerung der geschätzt 170 Millionen US-Dollar, die in Uganda jedes Jahr an Produktivität aufgrund von Krankheiten verlorengehen. Natürlich auch ein Beitrag zu regelmäßigem Schulbesuch, Bildung und besseren Zukunftschancen.

Saubere Technologie

Über 100 Mitarbeiter*innen haben bei SPOUTS of Water langfristige Arbeitsverträge zu fairen Löhnen und Arbeitsbedingungen erhalten. Darüber hinaus wurden viele Frauen zu Handelsvertreterinnen, die sich durch Verkäufe der Filter wirtschaftlich verbessert haben. Auch die Umwelt profitiert. „Wir nutzen zu 99 Prozent lokale Rohstoffe“, erklärt Daniel Yin. „Das spart Transportwege und verringert dadurch den CO2-Ausstoß.“

Die größte Einsparung an CO2 entsteht jedoch dadurch, dass die Menschen weniger Holz und Energie verbrauchen, um Wasser abzukochen. All das kann SPOUTS of Water durch umfassende Berechnungen nachweisen und ist deshalb berechtigt, CO2-Zertifikate auszustellen und zu verkaufen. Davon erhoffen sie sich in Zukunft zusätzliche Einnahmen. Zudem soll die Produktpalette vergrößert und der Vertrieb in weitere ostafrikanische Länder ausgeweitet werden.

Die Welthungerhilfe und Viva con Agua haben ein Mitspracherecht bei allen wichtigen Entscheidungen und eine Vertretung im Vorstand, um an der Ausrichtung des Unternehmens mitzuwirken und die eigenen Ziele berücksichtigt zu sehen. Vor Ort gehören zu den größten Herausforderungen noch Umdenken und verändertes Verhalten. „Die meisten Menschen hier haben ihr Leben lang Wasser abgekocht, schon ihre Eltern und Großeltern“, sagt Daniel Yin. „Nun heißt es, sie von einer Alternative zu überzeugen, die eine Lösung für ein Problem bietet, dem sie täglich ausgesetzt sind.“

Die Welthungerhilfe und Viva con Agua verbindet eine jahrzehntelange Freundschaft und Kooperation.

Christian Wiebe, Bereichsleiter Wasserprojekte bei Viva con Agua, ist vom Erfolg des Konzeptes überzeugt: „Wir glauben, soziales Unternehmertum kann unabhängige Strukturen jenseits der klassischen Entwicklungszusammenarbeit schaffen und tiefgreifende Veränderung ermöglichen. Die Entwicklung und Unterstützung sozialer Unternehmen ist der Schlüssel für eine langfristige Wirkung, die über die Grenzen eines befristet finanzierten Projektes weit hinausgeht.“

Die Erstveröffentlichung des Artikel war im Welthungerhilfe-Magazin, Ausgabe: 02/2022. 

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