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14.03.2023 | Blog

Nach Erdbeben in der Türkei: Mardin wird zum Zufluchtsort

Nach der Erdbeben-Katastrophe sind fast 30.000 heimatlose Menschen in der Kulturstadt Mardin eingetroffen – so auch Ali AlHassan und seine Familie. Die Welthungerhilfe unterstützt sie mit einer sicheren Unterkunft und warmen Mahlzeiten.

Ein Vater und sechs Kinder sitzen auf dem Boden und teilen frisches Essen unter sich auf.
Ali AlHassan und seine Familie konnten nach dem Erdbeben in der Türkei in die sichere Stadt Mardin flüchten und eine Unterkunft finden. Eine von der Welthungerhilfe geförderte Suppenküche versorgt sie täglich mit Mahlzeiten. © Stefanie Glinski/Welthungehilfe

+++ Ein Jahr nach den Erdbeben in der Türkei und in Syrien +++

Mehrere Erdbeben erschütterten am 6. Februar 2023 den Südosten der Türkei, nahe der Grenze zu Syrien. Über 56.000 Menschen verloren ihr Leben. Die WHO spricht von einer Jahrhundertkatastrophe – in der Türkei waren rund 13,5 Millionen Menschen betroffen, in Nordwestsyrien etwa 9 Millionen.

Die Welthungerhilfe unterstützte Betroffene in der Türkei und Nordwestsyrien mit lebenswichtigen Hilfsgütern, wie Nahrungsmitteln, Zelten und sauberem Wasser. Auch heute arbeiten wir mit den Menschen vor Ort gegen die langfristigen Folgen der Katastrophe.

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Stefanie Glinski Journalistin

Mardin ist eigentlich ein beliebtes Tourist*innenstädtchen. Die Stadt gilt als bekanntes Kulturerbe in der Türkei – und seit dem verheerenden Erdbeben auch als ein Aufnahmeort für tausende von Menschen, die durch die schlimme Katastrophe heimatlos geworden sind. 

Mehr als 70 Familien trafen in den letzten Tagen in Mardin ein – ein Großteil von ihnen stammen ursprünglich aus Syrien und leben seit Jahren in der Türkei als Geflüchtete. Sie haben in den uralten Steinhäusern eine Bleibe gefunden und werden seitdem auch von der Welthungerhilfe mit Lebensmitteln unterstützt.

Viele geflüchtete Menschen aus Syrien haben durch das Erdbeben erneut ihr Zuhause verloren

Ali AlHassan ist einer von ihnen. Ursprünglich kommt er aus Raqqa; vor 11 Jahren floh er in die Türkei. Der 28-jährige Familienvater lebt nun mit seiner Frau und vier Kindern in einem alten, jedoch standhaften Haus mit gewölbter Decke. Sie fühlen sich sicher: Die Stadt Mardin ist mehr als als 2.000 Jahre alt und steht auf festem Felsengrund; auch bei den Erdbeben am 6. Februar hat sie keinen Schaden davongetragen. 

Ein Familienvater und fünf Kinder sitzen im Wohnraum eines alten Hauses auf Sitzkissen und Teppichen vor einem Heizstrahler und reden miteinander.
Die syrische Familie AlHassan war nach Ausbruch des Bürgerkriegs ins türkische Urfa geflohen. Seit dem Erdbeben Anfang 2023 ist ihr Haus dort unbewohnbar. In der Stadt Mardin finden sie und zehntausende weitere Betroffene Zuflucht. © Stefanie Glinski/Welthungerhilfe

In Urfa, wo Ali zuvor mit seiner Familie lebte und als Frisör arbeitete, war dies anders. Unzählige Häuser stürzten ein oder wurden beschädigt erzählt er; viele von ihnen – so wie auch das Haus von Ali – sind weiterhin vom Einsturz bedroht. 

Erdbeben-Katastrophe als neues Trauma

"Es war die schlimmste Minute unseres Lebens", erinnert sich Ali. "Wir versuchten, das Haus zu verlassen und vom dritten Stock nach unten zu rennen, aber während des Bebens konnten wir unsere Tür nicht aufschließen; das Schloss klemmte. Wir steckten also fest. Ich dachte, die Decke kollabiert und begräbt uns alle unter ihr."

Mechanisch tat er, was notwendig war: die Kinder anziehen, Ausweise, wichtige Dokumente, ein paar Fotos und Klamotten in einen Koffer schmeißen – und raus. Seitdem kehrten die AlHassans nicht in ihre Wohnung zurück. Ali versuchte noch einmal, in die Wohnung zu gelangen, um weitere Gegenstände zu bergen, doch Rettungsarbeiter*innen hatten das schwer beschädigte Haus bereits abgesperrt und den Abriss verordnet.

"Zuerst schliefen wir zehn Tage lang in einer Schule, wo wir einen Raum mit zehn anderen Familien teilten. Danach waren wir drei Tage lang in einer Moschee. Wir wussten aber, dass es so nicht weitergehen konnte. Wir brauchten eine längerfristiger Bleibe", berichtet Alis Frau Noor, die ursprünglich aus dem syrischen Aleppo stammt. 

Helfen Sie Familien in der Erdbebenregion mit Ihrer Spende

Nothilfe: Psychologische Unterstützung und warme Mahlzeiten

Erst vor wenigen Tagen traf die Familie in Mardin ein – und zugleich wurde sie bei der Registrierung mit unserem Partner in der Stadt vernetzt.  

Zwei von der Welthungerhilfe mitorganisierte Suppenküchen versorgen Notbedürftige in Mardin und Gaziantep.

Hülya Celebioglu, Managerin der Welthungerhilfepartnerschaft, arbeitete vor dem Erdbeben eigentlich mit Psychologinnen, die Frauen, denen häusliche Gewalt wiederfahren ist, unterstützt. Zwar geht diese Arbeit auch jetzt weiter, aber ebenfalls hat Hülya eine Suppenküche ins Leben gerufen, die nun mehr als 1.000 Menschen mit täglichen gesunden Mahlzeiten versorgt. Ali und Noor bekommen ebenfalls Lebensmittel; heute gibt es Nudeln mit frischem Gemüse und Linsensuppe. Auch das kleine Haus in der Altstadt konnte Hülya für die Familie mieten. Zumindest für die nächsten zwei Monate können sie dort – zwischen Souvenirläden und Touristengruppen – leben.

Noor erzählt, dass die letzten Wochen besonders schwer für ihre Kinder waren. Ihre älteste Tochter Reyan, 7, hat oft Alpträume; fragt, ob es erneut zu einem Erdbeben kommen wird. Ihr jüngster Sohn Abdul Malik, 2, schläft schlechter, spürt die Unruhe seiner Familie. 

Sechs Kinder sitzen im Kreis um eine Platte voller frischer Mahlzeiten in Transportboxen und bedienen sich.
Ali AlHassan tischt auf: Die Welthungerhilfe unterstützt die Familie mit täglichen frischen Mahlzeiten; hier essen seine vier Kinder und zwei Neffen. © Stefanie Glinski/Welthungerhilfe

Mehrere Erdbeben erschütterten am 6. Februar 2023 den Südosten der Türkei, nahe der Grenze zu Syrien. Die Menschen brauchen jetzt dringend Unterstützung.

Auch die AlHassans sollen psychologische Unterstützung erhalten. "Wir richten unsere Arbeit ganz neu aus und fokussieren uns verstärkt auf Erdbebenopfer. Besonders Frauen und Kindern wollen wir psychologische Unterstützung bieten", erklärt Hülya.

Sie erinnert sich an die ersten Tage des Krieges in Syrien; genau 12 Jahre ist dies jetzt her. "Schon damals kamen viele syrische Familien nach Mardin, da unsere Stadt nahe der Grenze liegt und hier viele Menschen bereits arabisch sprechen. Schon damals haben wir Mahlzeiten vorbereitet und Menschen unterstützt. Seit dem Erdbeben haben wir eine ähnliche Situation. In den letzten Wochen sind fast 30.000 Menschen in Mardin eingetroffen. Und wir? Wir sind hier um sie zu unterstützen."

Die Menschen in den von Erdbeben erschütterten Regionen brauchen jetzt dringend Unterstützung. Helfen Sie uns, die Menschen mit weiteren lebensnotwendigen Hilfsgütern zu unterstützen.

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