Die Eskalation im Nahostkonflikt hat zu einer drastischen humanitären Katastrophe geführt.
Humanitäre Katastrophe in Gaza: Hilfsorganisationen fordern sofortigen Waffenstillstand
8 humanitäre Organisationen unterzeichnen Erklärung an die Bundesregierung
Berlin, 20. Februar 2024. Angesichts der anhaltenden humanitären Katastrophe in Gaza und der geplanten israelischen Offensive auf Rafah fordern 8 humanitäre Organisationen die Bundesregierung auf, sich bedingungslos und umfassend für den Schutz der Zivilbevölkerung und die Bereitstellung von überlebenswichtiger humanitäre Hilfe einzusetzen.
Dies ist gerade angesichts der Uneinigkeit in multilateralen Foren, sei es im EU-Außenrat oder im UN-Sicherheitsrat, wichtiger denn je. Derzeit befinden sich zusammen mit der ansässigen Bevölkerung mehr als 1,5 Millionen Menschen auf engstem Raum in Rafah.
Die Hilfsorganisationen appellieren außerdem an die Bundesregierung, die Finanzierung für UNRWA (United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East) freizugeben und sich bei allen Konfliktparteien für die Einhaltung des Völkerrechts, den ungehinderten Zugang zu Hilfsgütern und einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand einzusetzen.
Seit dem brutalen Überfall der Hamas auf Israel vor über vier Monaten herrscht im Gazastreifen Krieg. Mehr als zwei Millionen Menschen, darunter die Hälfte Kinder, leben in einer humanitären Katastrophe, in der es keinen sicheren Ort für die Zivilbevölkerung gibt. Die Zahl der Opfer steigt kontinuierlich, zuletzt auf mehr als 28.000 Tote und 69.000 Verletzte. Humanitäre Hilfsorganisationen fordern angesichts dieser höchst alarmierenden Lage die Bundesregierung nachdrücklich auf, folgende Maßnahmen zu ergreifen:
- Sofortiger und dauerhafter Waffenstillstand: Die Bundesregierung muss sich aktiv für einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand bei allen Konfliktparteien einsetzen, der die Zivilbevölkerung schützt, den ungehinderten Zugang für humanitäre Organisationen ermöglicht und die Freilassung aller Geiseln beinhaltet.
- Wiederaufnahme der Finanzierung von UNRWA: Wir fordern die Bundesregierung auf, die Finanzierung von UNRWA weiterzuführen. Die gegen die ehemaligen UNRWA-Mitarbeitenden erhobenen Vorwürfe sind äußerst schwerwiegend und erfordern eine gründliche und transparente Untersuchung, doch darf die Erfüllung der Rechenschaftspflicht nicht auf Kosten der Zivilbevölkerung im Gazastreifen gehen. Es besteht die Gefahr, dass UNRWA die lebensrettende humanitäre Arbeit Ende Februar 2024 aufgrund fehlender Mittel einstellen muss.
- Einhaltung des Völkerrechts: Die Bundesregierung muss sich weiterhin für die Einhaltung des humanitären Völkerrechts bei allen Konfliktparteien einsetzen und darauf dringen, dass der Schutz von Zivilbevölkerung, humanitärer Helfer*innen und Infrastruktur gewährleistet wird. Geschützte Zonen wurden angegriffen, u.a. die Unterkunft des medizinischen Notfallteams von International Rescue Committee (IRC) sowie das Büro von Handicap International (HI). Das humanitäre Völkerrecht verbietet Angriffe auf humanitäre Helfer*innen, und diese Angriffe müssen aufhören.
- Ungehinderter Zugang für humanitäre Hilfe: Nur durch ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe kann die Bevölkerung im Gazastreifen lebensnotwendige Unterstützung im erforderlichen Umfang erhalten. Wir fordern die Bundesregierung auf, ihr diplomatisches Gewicht einzusetzen, damit die bestehenden Grenzübergänge Rafah und Kerem Shalom voll ausgelastet werden. Zudem muss sichergestellt werden, dass Hilfsgüter die Menschen auch wirklich erreichen - mit Priorität auf lebenswichtigen Gütern wie Medikamenten und Nahrungsmitteln. Dies setzt vor allem voraus, dass genügend Treibstoff in den Gazastreifen gelangt und die humanitären Helfer*innen ohne Angst vor Angriffen arbeiten können.
Die Hilfsorganisationen appellieren dringend an die Bundesregierung, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit die dringend benötigte Hilfe zu den Menschen im Gazastreifen gelangen kann und die humanitäre Krise beendet wird:
„Gaza ist zum tödlichsten Ort der Welt geworden. Das Vorrücken Israels auf Rafah, einer als sicher erklärten Zone, zeigt auf grausame Art, dass es nirgendwo in Gaza mehr sicher ist. Die Menschen sterben nicht allein aufgrund von Bombardierungen, sondern auch an Hunger und Krankheiten. 100% der Bevölkerung im Gazastreifen sind von Ernährungsunsicherheit betroffen – ein Zustand, den es noch nirgend sonst auf der Welt gab. Mit der Aussetzung eines Großteils der UNRWA-Finanzierung droht eine Lebensader für die Bevölkerung wegzubrechen. Keine andere Hilfsorganisation kann die Rolle von UNRWA in der humanitären Hilfe und Sicherung der Grundversorgung ersetzen.
Diese anhaltende humanitäre Katastrophe in Gaza erfordert entschlossene Maßnahmen, um das Leiden der Bevölkerung zu lindern. Wir fordern die Bundesregierung auf, ihr ganzes diplomatisches Gewicht zu nutzen, um eine weitere Katastrophe in Rafah zu verhindern, und gleichzeitig die Finanzierung von UNRWA rasch wieder aufzunehmen. Außerdem muss der Schutz der Zivilbevölkerung gewährleistet, ein ungehinderter Zugang für humanitäre Hilfe ermöglicht sowie ein sofortiger und dauerhafter Waffenstillstand bei allen Konfliktparteien gefordert werden. Die Bombardierungen und der Raketenbeschuss müssen aufhören. Nur so kann Hilfe in dem Maße geleistet werden, wie sie die Bevölkerung Gazas so dringend zum Überleben braucht.“
Unterzeichnende Organisationen in Deutschland:
- Aktion gegen den Hunger
- CARE
- Handicap International – Humanity & Inclusion
- International Rescue Committee (IRC)
- Norwegian Refugee Council
- Oxfam Deutschland e.V.
- Save the Children
- Welthungerhilfe
Die Welthungerhilfe ist eine der größten privaten Hilfsorganisationen in Deutschland; politisch und konfessionell unabhängig. Sie kämpft für „Zero Hunger bis 2030“. Seit ihrer Gründung wurden mehr als 11.498 Auslandsprojekte in 72 Ländern mit 4,75 Milliarden Euro gefördert. Die Welthungerhilfe arbeitet nach dem Grundprinzip der Hilfe zur Selbsthilfe: von der schnellen Katastrophenhilfe über den Wiederaufbau bis zu langfristigen Projekten der Entwicklungszusammenarbeit mit nationalen und internationalen Partnerorganisationen.