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12.12.2023 | Blog

Global Refugee Forum: Mehr Aufmerksamkeit für Flüchtlinge

Das Global Refugee Forum (GRF) wird von 13. bis 15. Dezember 2023 nach 2019 zum zweiten Mal die Frage diskutieren, welche Strategien in der Praxis Erfolg versprechen, um den Global Compact on Refugees in die Tat umzusetzen.

Zwei Frauen zeigen ihre Erdnuss-Ernte.
In Bidi Bidi, einem Flüchtlingscamp im Norden Ugandas, leben über 200.000 Vertriebene aus dem Südsudan. In Projekten wie der sogenannten Farmer Field School arbeiten sie mit der lokalen Bevölkerung zusammen und stärken so die Region. Hier zeigen zwei Mitglieder den Ertrag einer erfolgreichen Erdnuss-Ernte. © Stefanie Glinski/Welthungerhilfe
Dirk Ebach Team Policy & External Relations

Der Global Compact on Refugees hat 2018 einen neuen Rahmen gesetzt, in dem die Lebensbedingungen von Flüchtlingen verbessert und gleichzeitig die Herausforderungen für aufnehmende Staaten reduziert werden können. Einer der Staaten, die das aktuelle GRF mit einberufen, ist Uganda. 

Uganda hat seit Jahrzehnten eine sehr progressive Aufnahmestrategie für Flüchtlinge und hielt diese auch nach den Jahren 2015/2016 weitestgehend bei – obwohl sich die Zahl der Flüchtlinge vor allem aus dem Nachbarland Südsudan in nur einem Jahr von rund einer halben Million auf eine Million verdoppelt hat und Uganda selbst nach UN-Kriterien zu den am wenigsten entwickelten Ländern zählt.

Der Global Compact on Refugees aus einer entwicklungspolitischen Perspektive.

Kern der Strategie ist die besondere Förderung der Selbstständigkeit von Flüchtlingen, womit bereits zwei der vier Ziele des Global Compact on Refugees erfüllt sind. Als Schlüssel für eine rasche Selbständigkeit werden die Arbeitserlaubnis und die Möglichkeit, sich innerhalb des Landes möglichst frei zu bewegen, gesehen.

Uganda hat u.a. mit dem UNHCR Konzepte entwickelt, um den stetig wachsenden Herausforderungen zu begegnen. Dazu gehört das gerade 2016 in der Weltöffentlichkeit gelobte Konzept, Flüchtlingen Land für eine gewisse Selbstversorgung zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus verhandelt das Büro des Premierministers nach aktueller Aussage des Projektleiters der Welthungerhilfe mit Landbesitzer*innen, um Land an Flüchtlinge vergeben zu können.

Positive Erfahrungen mit dem 70/30-Modell

Zur Gesamtstrategie gehört auch das 70/30-Modell, das die Welthungerhilfe in ihren Projekten in der betroffenen Region West Nile übernommen hat. Dieses Konzept sieht vereinfacht gesagt vor, dass 70 Prozent der Flüchtlingen und 30 Prozent der aufnehmenden Gemeinden direkt von den Projekten profitieren, die ein breites Spektrum an Einkommen schaffenden Maßnahmen, Bildungsangeboten und Maßnahmen zur Verbesserung der Ernährungssituation umfassen. Aktuell verfolgt die Welthungerhilfe gar ein 50/50-Konzept, um auch darüber den Zugang zu Land für Flüchtlinge zu erleichtern. 

Ein Schreiner bearbeitet ein Stück Holz
Francis Lukuyu, 25, hat im Rahmen eines Programms der Welthungerhilfe eine Ausbildung absolviert und arbeitet nun als Schreiner im Flüchtlingscamp Bidi Bidi. Er hofft, seine Werkstatt ausbauen und mehr Geld verdienen zu können. Sein Wissen gibt er an seinen Bruder und die Gemeinde weiter. © Stefanie Glinski/Welthungerhilfe

Die Erfahrungen der Welthungerhilfe in der Region sind sehr positiv. Denn Vertreter*innen beider Gruppen berichten in Gesprächen immer wieder übereinstimmend, dass sie durch die erworbenen Kenntnisse nun in der Lage sind, durch Landwirtschaft und den Betrieb von Kleinunternehmen ein Einkommen zu erzielen, das über den Selbstversorgungsgrad hinausgeht. Zudem erhöht sich durch die Kenntnis und den Anbau von beispielsweise eisenreichen Bohnen und Süßkartoffeln zusätzlich die Ernährungssituation.

Die Einnahmen werden u.a. für die Schulkosten der Kinder verwendet. Junge Menschen haben eine echte Perspektive, da die erlernten beruflichen Fähigkeiten ihnen finanzielle Eigenständigkeit ermöglichen. Die Aufnahmegemeinden akzeptieren und integrieren Flüchtlinge, die über Jahre oder gar für immer bleiben auch oder gerade wegen der Ansätze zur gleichzeitigen und gemeinsamen Unterstützung beider Gruppen.

Langfristige Finanzierung muss gesichert werden

Diese Erfolge sind in akuter Gefahr. Die Weltöffentlichkeit hat sich nach dem kurzfristigen Interesse nun anderen Themen und Regionen zugewandt. Ein Muster, das in der Humanitären Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit eher die Regel als die Ausnahme ist.

Gerade in der kritischen Phase des Übergangs von der Humanitären Hilfe zur Entwicklungszusammenarbeit lässt die Unterstützung schnell nach und verhindert, dass Flüchtlinge und aufnehmende Gemeinden nicht nur punktuell, sondern in der Breite befähigt werden, mittel- und langfristig ohne Unterstützung auszukommen.

Die Projekte brauchen Zeit und eine längerfristige und zuverlässige Finanzierung, um ihr Potenzial entfalten zu können und nachhaltig zu wirken. Konkret brauchen die Menschen z.B. mehrere Ernten, um mit den neu erworbenen Kenntnissen bei den Anbaumethoden vertraut zu werden und darauf aufzubauen. Grundlegende Bildung und Ausbildung kann nicht im Schnellverfahren erfolgen. Die Gründung von Kleinstbetrieben muss mit begleitet werden, um die erste Zeit mit möglichen Rückschlägen zu überstehen.

Die Welthungerhilfe liefert Unterstützung bei der Unterbringung und Ernährung von Flüchtlingen. Sie will die Lebensbedingungen verbessern und so Flucht vermeiden. Hier informieren und helfen.

Die Strategie in Uganda schafft zwar die Grundlage für eine schnellere Erreichung der Eigenständigkeit – dennoch braucht auch sie Zeit, um nachhaltig zu wirken. Die zahlreichen „good practice“-Beispiele aus allen Regionen der Welt dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese auch im großen Stil weitergeführt und an andere Kontexte angepasst werden müssen, um nachhaltige Veränderungen in der Breite zu bewirken.

Verbindliche Zusagen

Es liegt beim Global Refugee Forum vor allem an den Unterzeichnerstaaten des Compact on Refugees, realistische politische und finanzielle Zusagen zu machen, die auch wirklich eingehalten werden, um solche nachhaltig wirkenden Programme weiter zu fördern und daraus Handlungsempfehlungen für andere Fluchtkontexte ableiten zu können.

Zu oft werden andere Zusagen gemacht, obwohl man mit vorherigen Zusagen bereits im Verzug ist. Das schwächt Glaubwürdigkeit und Vertrauen, insbesondere in den globalen Norden und lässt die Kluft zum globalen Süden immer tiefer werden – eine Spaltung, die steigendes Konfliktpotenzial birgt. 

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