Preisanstieg der Lebensmittel verschärft Hunger
Die weltweiten Preise für alle wichtigen Getreidesorten sind in den letzten Monaten erneut gestiegen. Hauptursachen für den Anstieg der Weltmarktpreise für Weizen und Mais sind neben der Ungewissheit über die Schwarzmeer-Getreide-Initiative auch Produktionssorgen in wichtigen Exportländern. Die Ernährungssicherheit für Millionen von Menschen ist in Gefahr.

+++ Aktuell: Aktuell: Schwarzmeer-Getreide-Initiative verlängert +++
Das Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine ist Mitte November verlängert worden. Frachtschiffe mit Getreide können für mindestens vier weitere Monate aus ukrainischen Häfen ausfahren. Sowohl die Ukraine als auch Russland sind Hauptlieferanten von Mais, Weizen und Sonnenblumenöl – die Ukraine wird auch als „Kornkammer Europas“ bezeichnet. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat zur Folge, dass weltweit die Preise für Agrarprodukte dramatisch in die Höhe getrieben wurden, unter anderem, weil Häfen blockiert sind und Felder nicht abgeerntet bzw. neu bestellt werden können. Die Krise trifft die Ärmsten am schlimmsten. Einige ärmere Länder des Globalen Südens sind auf direkte Importe von Getreide auch aus der Ukraine angewiesen. Andere Länder importieren zwar kein Getreide aus der Ukraine, aber auch bei ihnen steigen die Getreidepreise durch die weltweite Verknappung enorm an – zulasten der Ärmsten. Der Ukraine-Krieg hat weltweit einen Preisanstieg von Nahrungsmitteln, Energie, Gas und Transportkosten zur Folge.
Die humanitäre Lage in der Ukraine ist erschreckend. Millionen Menschen, vor allem Frauen und Kinder, befinden sich auf der Flucht. Die EU-Kommission und die UN rechnen damit, dass noch viele weitere Ukrainer*innen gezwungen sein werden, ihr Heimatland zu verlassen.
Jetzt für Menschen spenden, die vom Krieg in der Ukraine betroffen sind.
Der FAO Food Price Index (FFPI) besteht aus fünf Warengruppen: Fleisch, Milchprodukte, Getreide, pflanzliche Öle und Zucker. Diese Rohstoffe sind ausgewählt worden, weil sie von hoher strategischer Bedeutung für die globale Ernährungssicherheit und für den globalen Handel sind. Der Nahrungsmittelpreisindex erfasst monatliche Veränderungen der internationalen Preise für die am meisten gehandelten Nahrungsmittel.
Nahrungsmittel bleiben teuer
Die Preise für Lebensmittel sind weltweit massiv gestiegen. Schon im Januar 2022 hatten sie einen Rekordwert erreicht. Durch den Krieg in der Ukraine sind sie dann förmlich explodiert. Der UN-Nahrungsmittelpreisindex (FFPI) blieb im Oktober gegenüber dem September praktisch unverändert. Im September 2022 lag der UN-Nahrungsmittelpreisindex (FFPI) knapp 5,5 Prozent höher als vor einem Jahr. Dem Anstieg des Getreidepreisindex standen Rückgänge bei den Indizes für Pflanzenöle, Milchprodukte, Fleisch und Zucker gegenüber. Der Getreidepreisindex war im Oktober 3 Prozent höher als im September und verzeichnete im Vergleich zum Vorjahr einen Preissprung von 11,1 Prozent.
Im Oktober 2022 stiegen die internationalen Weizenpreise um 3,2 Prozent an. Grund dafür waren die Unsicherheiten über die Zukunft der Schwarzmeer-Getreide-Initiative. Doch auch eine Verknappung des Angebots in den Vereinigten Staaten von Amerika wirkten sich auf den Preisanstieg aus. Dazu kommt die Sorge über die Trockenheit in Argentinien und die Überschwemmungen in Teilen Australiens zu Beginn der Ernte.
Neben dem Krieg in der Ukraine gibt es jedoch weitere preistreibende Faktoren: Ernteeinbußen, teure Düngemittel, logistische Probleme und hohe Energiepreise treffen auf eine insgesamt steigende Nachfrage an Agrargütern. Aber auch durch Lockdowns gesunkene oder weggefallene Einkommen spielen eine Rolle. Die Corona-Pandemie hat zudem weltweit Lieferketten unterbrochen, die Arbeitslosigkeit vergrößert und so die finanziellen Reserven vieler Menschen aufgezehrt.
Die höheren Weltmarktpreise treffen vor allem die ärmere Bevölkerung in Ländern, die von Importen abhängig sind. Menschen mit sehr niedrigen Einkommen in den Städten sind besonders betroffen, aber auch auf dem Land gibt es Landlose und Kleinbäuer*innen, die saisonbedingt auf den Zukauf von Lebensmitteln angewiesen sind.
Preisanstieg von Lebensmitteln verursacht Hunger
Die Auswirkungen sind gravierend. Die Zahl der Hungernden nimmt zu und auch Hungersnöte drohen. FAO-Chefökonom Abdolreza Abbassian sieht wenig Hoffnung, dass sich die Lage in diesem Jahr entspannen wird. Neben weiteren Faktoren trägt auch der Lebensmittelpreisanstieg dazu bei, dass Fortschritte in der Hungerbekämpfung konterkariert werden und weltweit derzeit bis zu 828 Millionen Menschen hungern. Laut FAO könnten durch den russischen Angriff auf die Ukraine weitere 13 Millionen Menschen in den Hunger getrieben werden.

Preiserhöhung, Lebensmittel, Hungersnot – wie hängt alles zusammen?
Agrar-Rohstoffe haben im ersten Jahr der Pandemie 2020 auf dem Weltmarkt insgesamt 31 Prozent mehr gekostet als ein Jahr zuvor (FAO), Ölsaaten wie Raps doppelt so viel. Und auch der Preis für Mais hat sich nahezu verdoppelt. Weizen und Soja sind ebenfalls deutlich teurer geworden. Ein Grund dafür waren zum Beispiel die Kosten der Lagerhaltung in Corona-Zeiten.
Zusätzlich können Handelsstreite, so auch in der Pandemie, zwischen Ländern dazu führen, dass Lieferungen gestoppt werden. Extremwetterereignisse führen dazu, dass es weniger Ernten gibt und die Preise daraufhin steigen. Einen großen Einfluss auf Preisanstiege haben zudem die zum Teil deutlich gestiegenen Energiepreise, zum Beispiel für Rohöl. Der Unterschied: In Industrieländern wirken sich die Preissteigerungen meist nur moderat aus: Die Menschen müssen nur circa 12 bis 30 Prozent ihres Einkommens für Lebensmittel aufwenden. Doch in Ländern des Globalen Südens sind es zwischen 50 und 100 Prozent. Werden Nahrungsmittel teurer, bedeutet das für viele Haushalte in ärmeren Ländern also, dass sie sich keine Nahrung mehr kaufen können und hungern müssen. Für andere wichtige Dinge wie Wohnen, Gesundheit oder Schulbildung der Kinder bleibt schlichtweg nichts mehr übrig.
Gleichzeitig benötigen Hilfsorganisationen bei steigenden Nahrungsmittelpreisen auch mehr finanzielle Mittel, um diese zu erwerben. Und wenn Landwirt*innen im Globalen Süden sich aufgrund steigender Preise Saatgut und Dünger nicht mehr leisten können, werden Anbau und Ernten schrumpfen – und damit Armut und Hunger wachsen. Ein Teufelskreis, den es jetzt unbedingt zu vermeiden gilt.

Die globale Landwirtschaft produziert genug Nahrung für alle, doch die ist extrem ungleich verteilt.
Multiple Krisen: Fatal für ernährungsunsichere Länder
Das Famine Early Warning Systems Network (FEWSNET), die FAO und die Welthungerhilfe warnen vor Nahrungsmittelpreisanstiegen und Hungerkrisen insbesondere in Äthiopien, Südsudan, Jemen, Nigeria, aber auch in vielen anderen Ländern. Die Kombination aus Klimawandel, Covid-19 und Konflikten könne Millionen Menschen in den Hunger treiben. Länder, in denen bereits Klimakatastrophen und Konflikte existieren, erleben mit höherer Wahrscheinlichkeit stärkere Preisanstiege, da Wertschöpfungsketten dort leichter zusammenbrechen.
Damit besteht ein höheres Risiko, dass diese Preisanstiege Hunger und Konflikte weiter verstärken. Dr. Rafaël Schneider, stellvertretender Leiter der Politik-Abteilung der Welthungerhilfe, äußert sich über die Entwicklung: „Wir beobachten mit Sorge, dass die Preise für Grundnahrungsmittel wie Getreide, Milchprodukte oder Speiseöl derzeit nur eine Richtung kennen: aufwärts. Alle Warnlampen blinken rot, denn anhaltend hohe Nahrungsmittelpreise bedeuten für arme Menschen schlichtweg, dass sie sich gesunde Nahrungsmittel kaum mehr leisten können und auf ganze Mahlzeiten verzichten müssen. Weltweit hungern schon heute etwa 828 Millionen Menschen“.
Anstieg der Lebensmittelpreise verschärft Hunger in Afrika
Die Preiswarnungen der FAO sind zwar noch überschaubar, da die Weltgetreideernte 2021 knapp über dem Vorjahresniveau lag und damit global gesehen die Bestände ausreichend sind. Laut Global Information and Early Warning System on Food and Agriculture (GIEWS) sind die Ernteaussichten für Regionen, wo sowieso schon Hunger herrscht, jedoch bedrückend:
So haben Konflikte beispielsweise in Ostafrika und Westafrika und schlechte Witterungsbedingungen zu weit verbreiteten Ernteschäden geführt. 2021 gab es in vielen Ländern Produktionsruckgänge. In einigen Regionen gab es massive Anstiege bei Lebensmittelpreisen. Zum Beispiel in Mosambik, wo bewaffnete Konflikte im Norden des Landes den Preisanstieg zusätzlich vorantrieben. Dort ist der Preis von Maniokmehl von März bis Mai 2021 um 45 Prozent gestiegen. Diese Anstiege haben sich gravierend auf Millionen von Familien ausgewirkt, deren Einkommen durch die Corona-Pandemie ohnehin bereits stark geschwächt wurde. In Teilen Ugandas sind die Lebensmittelpreise auf den Märkten auf das Doppelte oder sogar Dreifache gestiegen. Anhaltende Dürren haben zu Ernteausfällen geführt, die Menschen sind auf den Zukauf von Lebensmitteln angewiesen – doch viele können sich dies nicht leisten und leiden Hunger.
Welche Auswirkungen der Anstieg der Nahrungsmittelpreise auf die Menschen in verschiedenen Ländern hat, zeigen folgende Beispiele:

Keine Entwarnung in Sicht: In vielen Ländern ist die Hungersituation "ernst" oder sogar "sehr ernst".
Äthiopien
In Äthiopien sind die Lebensmittelpreise in den vergangen 13 Jahren bis zu 74% gestiegen. Die Ursachen sind vielfältig. Zum Beispiel spielt die Entwicklung an den Weltmärkten (großer Nachfragedruck in urbanen Gebieten und wirtschaftlich sich entwickelnden Ländern wie China, Indien etc.) eine große Rolle. Weltmarktregularien wie protektionistische Maßnahmen und Außenhandelsdefizite schwächen die nationale Währung und verursachen importierte Inflation.
Diese Entwicklungen haben sich in den vergangenen zwei letzten Jahren dramatisch verschärft. Zum Beispiel haben Missernten, fragile Lieferketten wegen Covid-19 sowie Krieg im Norden des Landes zu wirtschaftlichen Einbrüchen geführt. Die Prognose sieht nicht gut aus. Es ist mit einer Jahresinflationsrate von durchschnittlich über 35% zu rechnen, ebenso mit einer dauerhaften signifikanten Verteuerung auf dem Lebensmittelmarkt. Circa 25% der Bevölkerung muss mit weniger als 1 USD pro Tag auskommen und circa 80% mit weniger als 2 USD pro Tag.
In der äthiopischen Region Tigray hat der dortige Konflikt zur Vertreibung von fast zwei Millionen Menschen geführt. Der Handel, Zugang zu humanitärer Hilfe und die Lebensgrundlagen sind erheblich beeinträchtigt.
Simbabwe
In Simbabwe kommt vor allem Mais auf die Teller. Zum Nationalgericht Sadza, einem Brei aus Maismehl, wird meist Gemüse oder (wenn man es sich leisten kann) Fleisch serviert. Der Preis für ein Kilo Maismehl ist im Dezember 2021 auf den städtischen Märkten um 30% gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Bohnen und Speiseöl sind noch teurer geworden – und dass, obwohl Simbabwe 2021 eine gute Ernte eingefahren hat. Doch die Erträge haben nicht ausgereicht, um die leeren Lager nach zwei Dürrejahren wieder aufzufüllen. Auch gestiegene Benzin- und Transportpreise verteuern die Nahrungsmittel. Im Durchschnitt geben Haushalte in Simbabwe 55% ihres Einkommens für Nahrungsmittel aus.
Auf der anderen Seite fehlen Erwerbsmöglichkeiten: Während der Lockdowns in der Corona-Pandemie haben viele Unternehmen in den Städten die Produktion heruntergefahren oder Pleite gemacht. Auch Tagelöhner*innen im informellen Sektor haben während Lockdowns ihre Einkommensmöglichkeiten verloren. Wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage gibt es wenig neue Jobs. Die Folge: immer mehr Familien verzichten auf abwechslungs- und nährstoffreiche Ernährung. Etwa jede siebte Familie gibt 2021 an, ihr Verhalten zu verändern, weil sie nicht genug zu essen haben, die häufigste Antwort ist, günstigere und ungesündere Nahrungsmittel zu kaufen. Dann gibt es Sadza pur, ohne Beilage oder Gemüse. Macht satt, ist aber nicht gesund.

Burkina Faso
In Burkina Faso sind steigende Nahrungsmittelpreise ein großes Thema. Vor allem Gewalt und Terrorgruppen im Norden/Osten sind Verursacher von Preissteigerungen. Nach der Regenzeit ab Oktober gab es vermehrt Angriffe. Nahrungsmittel wurden zerstört durch das Abbrennen von Feldern und Lagern oder das Schlachten von Vieh.

Steigende Nahrungsmittelpreise treffen die Ärmsten am schlimmsten. Helfen Sie ihnen mit Ihrer Spende.
Menschen sind aus ihren Dörfern geflohen und in die Städte geflüchtet. Da die Vertriebenen überwiegend Produzent*innen sind und der Anbau sowie die Ernte von Lebensmitteln drastisch sinkt, fehlen die Nahrungsmittel. Vor allem frisches Gemüse. Sowohl in den Dörfern als auch in den Städten. Dort steigen wiederum die Preise, zum Beispiel von Reis und Hirse.
Die Corona-Pandemie hat darüber hinaus zu Preiserhöhungen sowie zu einer geringeren Verfügbarkeit von Düngemitteln beigetragen. Die Nachfrage durch mehr Menschen steigt, aber gleichzeitig gibt es weniger Einkommensmöglichkeiten. Händler nutzen Versorgungsdruck aus. Importe aus Benin, Niger oder Mali nehmen ab wegen der Sicherheitslage.
Viele Menschen hungern. Eine zusätzliche Dürre im Norden hat die Lage zusätzlich verschlimmert. Laut FAO werden in der Hochsaison zwischen Juni und August 2022 voraussichtlich 2,6 Millionen Menschen von schwerer Ernährungsunsicherheit betroffen sein.

Sierra Leone
In den letzten vier Jahren ist der Preis für Reis um 75 % gestiegen. Da es sich um ein Grundnahrungsmittel handelt, sind die Auswirkungen auf die Lebensmittel- und Ernährungssicherheit der Menschen enorm. Die durch Corona, in den letzten zwei Jahren verhängten Beschränkungen, haben den Handel und die Einfuhr von Nahrungsmitteln stark eingeschränkt, was zu einem drastischen Preisanstieg geführt hat.
Auf den benachbarten Märkten in Guinea und Liberia sind die gleichen Preisschwankungen zu beobachten, so dass sich das Problem auf den gesamten westafrikanischen Raum ausweitet. Die Ernährungssicherheit hat abgenommen, und die Haushalte spüren die hohe Inflation der Lebensmittelpreise. Der Rückgang der Ernährungssicherheit scheint in den städtischen Gebieten am stärksten zu sein, wo auch der Verbrauch am stärksten zurückgegangen ist und die Haushalte nicht auf selbst erzeugte Lebensmittel zurückgreifen können.
Im Juli 2020 meldete fast ein Viertel der Haushalte, dass sie aufgrund eines Preisanstiegs oder eines Rückgangs des Haushaltseinkommens keinen Reis – das wichtigste Grundnahrungsmittel – kaufen konnten. In manchen Regionen geben die Menschen 70% ihres Einkommens für Nahrung aus.

Steigende Preise führen nicht nur zu Armut, sondern direkt in den Hunger: Familien verzichten auf Mahlzeiten und kaufen billigeres und weniger gesundes Essen. Kinderarbeit nimmt zu, wenn Eltern ihre Kinder zum Geldverdienen statt in die Schule schicken müssen.
Dr. Rafaël Schneider, stellvertretender Leiter der Politik-Abteilung der WelthungerhilfeWeitere globale Faktoren, die zu einer Nahrungsmittelpreiskrise und damit zu Hunger führen können:
- Steigende Energiekosten
- Klimaeffekte
- Steigende Transportkosten, Transportausfälle
- Pandemiebedingte Arbeitsausfälle im Agraranbau
- Steigende Düngemittelpreise (steigende Agrarproduktionskosten insgesamt, da Energiekosten, Arbeitskosten, Agrarchemie etc. steigen
- Politisches Säbelrasseln
- Einige Länder (z.B. Russland, Mali) beschränken jetzt schon ihre Agrarexporte (weiterer Preistreiber, der 2008/9 bereits fatal war).
Auswirkungen der steigenden Nahrungsmittelpreise im Globalen Norden
Diese, teils multiplen, Krisen und Probleme sollten sehr ernst genommen werden, um einer zweiten Nahrungsmittelpreiskrise wie 2008/2009 zu entkommen. Die Getreidepreise explodieren mit dem Aufwärtstrend. Da auch die Düngemittelpreise enorm gestiegen sind, bauen zum Beispiel Farmer in den USA Soja statt Mais und Weizen an. Durch eine mögliche Getreideverknappung können die globalen Preise weiter ansteigen.
Auch beim Kaffeeanbau konnten viele Arbeiter*innen, beispielsweise in Vietnam, aufgrund von Corona nicht auf Plantagen arbeiten. In vielen Kaffeeanbauregionen führt die Klimaerwärmung zu vermindere Ernten. Für viele Kleinbäuer*innen wird der Anbau unrentabel, sie steigen beispielsweise auf Gemüseanbau um. Hinzu kommen stark steigende Transportkosten die derzeit zusätzlich durch einen Mangel an Containern verstärkt werden. Die Folge laut Kaffeehändler*innen ist, dass der Kaffeepreis um circa 20% steigen wird.
Preisanstieg von Lebensmitteln auch in Deutschland
Von den Folgen teurerer und steigender Lebensmittelpreise ist auch Deutschland betroffen. Viele Landwirte mussten viel mehr für Düngemittel ausgeben. Grund ist das teurere Erdgas, das zum Beispiel für die Herstellung von Stickstoffdünger gebraucht wird. Die Preissteigerungen lagen 2021 teilweise bei über 200 Prozent. Aber auch die Preise für Phosphatdünger haben sich verdoppelt. Teilweise ist Dünger auch nicht mehr verfügbar gewesen. Laut einem Bericht des Bauernverbandes könne es zu Ertragsrückgängen der Ernte in 2022 kommen, wenn die Preise auf diesem Niveau blieben und Lieferengpässe entständen. Anders als in vielen Ländern weltweit, geben die Deutschen im Schnitt nur etwa zwölf Prozent für Lebensmittel aus.
Teurere Lebensmittel, mehr Hunger & höhere Kosten für Hilfe
Es gebe keine Anzeichen, dass sich die Entwicklung der Nahrungsmittelpreise 2022 stabilisiere. Die Ernteaussichten für Hungerregionen in Afrika und Asien seien düster, so Schneider. „Die betroffenen Länder müssen rasch soziale Sicherungsmaßnahmen vorbereiten, um die Versorgung der Menschen zu gewährleisten. Mittelfristig müssen sie mehr in ihre Landwirtschaft investieren, denn jetzt rächt sich, dass nach den letzten Krisen zu wenig geschehen ist”, fordert Schneider. Länder wie Deutschland seien gefordert ihre Unterstützung für Hungerbekämpfung und ländliche Entwicklung auszubauen. Kurzfristige Exportstopps für Agrarprodukte sollten vermieden werden.
Lebensmittelpreisanstieg: So unterstützt die Welthungerhilfe
Um Armut und Hunger auf der Welt sowie die Auswirkungen und Folgen für die Menschen zu bekämpfen, müssen die Ernährungssysteme nachhaltig und armutsreduzierend gestaltet und Katastrophen besser vorgebeugt werden. Besonders notwendig sind schnelle Maßnahmen vor Ort wie zum Beispiel das Anlegen strategisch wichtiger Reserven von Nahrungsmitteln, die Verfügbarkeit von angepasstem Saatgut zu sichern, die Förderung von innovativen Anbaumethoden aufrecht zu erhalten, ein umfassendes Risikomanagement voranzutreiben oder Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel zu fördern.
Forderungen der Welthungerhilfe für die Umsetzung einer standortgerechten Landwirtschaft, die mögliche Hungersnöte durch den Preisanstieg von Lebensmitteln verhindern können:
Kurzfristig:
- Exportstopps vermeiden - bei drohenden Missernten in Hungerregionen ist es wichtig, dass der Agrarweltmarkt stabil bleibt und Unterversorgungen ausgleichen kann.
- In Krisenregionen muss auch bei steigenden Nahrungsmittelpreisen eine angemessene Versorgung mit Lebensmitteln sichergestellt werden. Betroffene Staaten sollten sich auf stark steigende Preise vorbereiten und soziale Sicherungsmaßnahmen (z.B. Bargeldhilfen) vorbereiten.
- Geberländer müssen ihre Leistungen an die Nahrungsmittelpreissteigerungen anpassen.
Mittelfristig
- Regierungen sollten eine politische Agenda für die landwirtschaftliche Beratung entwickeln und umsetzen, die sich auf die Ernährungssicherheit und die Schaffung von Einkommen für die arme Landbevölkerung konzentriert.
- Die Landwirtschaft sollte die hohe Priorität, die ihr von den nationalen Regierungen und den internationalen Entwicklungsorganisationen eingeräumt wird, beibehalten und weiter ausbauen, ihre Mittel sollten entsprechend aufgestockt werden.
- Die Förderung einer standortgerechten Landwirtschaft ist ein zentraler Bestandteil des Ernährungssystems und ein wichtiges Instrument zur Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung.
- Die Länder des Globalen Südens müssen eine integrierte, transparente und partizipative Regionalpolitik umsetzen, die sich insbesondere auf den Agrarsektor und seine Vor- und Rückverflechtungen konzentriert.
- Aktivitäten und Initiativen, die über die Landwirtschaft hinaus neue Arbeitsplätze schaffen, sollten besonders gestärkt werden.
- Berufliche Aus- und Weiterbildung, insbesondere für Jugendliche und Frauen, sind dringend erforderlich, ebenso der Transfer von Know-how und angepassten Technologien.