Zur Hauptnavigation springen Zur Suche springen Zum Seiteninhalt springen Zum Footer springen

  • Agrar- & Ernährungspolitik
  • 12/2023
  • Johan van Tol, Linus Franke, Jay le Roux

Bodenerosion: Der Wasserturm des südlichen Afrikas ist in Gefahr

Wind und Wasser tragen fruchtbaren Oberboden in Berg- und Tiefland ab, der Haushalt wichtiger Feuchtgebiete ist gestört. Die Regenerierung braucht mehr Aufmerksamkeit.

Die Eisratte (Otomys sloggetti robertsi) ist vermutlich für die erhebliche Degradation der alpinen Feuchtgebiete im südlichen Afrika mitverantwortlich. © Autoren

Die Bodenerosion im südlichen Afrika ist eine der zentralen ökologischen Herausforderungen und stellt eine Bedrohung für die Nahrungsmittel- und Wassersicherheit dar. In der Region sind über 70 Prozent der produktiven Flächen von verschiedenen Formen der Erosion betroffen (Le Roux et al., 2007). In der Regel ist es der fruchtbare Oberboden, der durch Wind und Wasser erodiert, wodurch erhebliche Mengen an Nährstoffen und organischem Kohlenstoff abgetragen werden. Diese Verschlechterung führt zu einer Verringerung und manchmal zum Zusammenbruch wesentlicher Ökosystemfunktionen, die von den Böden erbracht werden.

Zu diesen Funktionen gehören die Unterstützung des Pflanzenwachstums, die Wasserreinigung und die Ermöglichung der Existenz einer Vielzahl von Organismen. Damit verbunden sind Umwelt- und Infrastrukturprobleme wie die Eutrophierung von Wasserquellen, also einer Anreicherung von Nährstoffen in ursprünglich nährstoffarmen Gewässern. Algen und Wasserpflanzen können dann übermäßig wachsen und entziehen anderen Pflanzenarten, vielen Kleinlebewesen und Tieren die Lebensgrundlage. Die Bodenverschlechterung führt auch zu ansteigenden Ablagerungen in Stauseen, der Zerstörung von Infrastruktur, dem Verlust des Grundwasserspiegels und verringerter Pflanzenproduktion.

In Südafrika tritt die Winderosion des Bodens häufig in den trockeneren westlichen Teilen des Landes auf und ist eng mit der natürlichen und vom Menschen verursachten Beseitigung der Vegetationsdecke verbunden. Mehr als 25 Prozent der Fläche Südafrikas sind anfällig für Winderosion (Pretorius, 1998), insbesondere im Nordkap und in den westlichen Teilen der Provinzen Freistaat und Nordwest. Die Gebiete, die für Winderosion anfällig sind, werden sich aufgrund des Verlusts der Vegetation in Weidegebieten und der Bodenbearbeitung in landwirtschaftlichen Gebieten wahrscheinlich noch ausweiten.

Flächen-, Rillen- und insbesondere Gully-Erosion (entlang von Gräben und Rinnen) im Inneren des südlichen Afrikas führen zu erheblichen Bodenverlusten (Abbildung 1). Mararakanye und le Roux (2012) kartierten in Südafrika über 150 000 Gully-Erosionsmerkmale, die von wenigen Kubikmetern bis zu mehreren Hektar reichen. Vor der oben genannten Studie wurde von le Roux et al. (2008) ein Bodenerosionsmodell, die so genannte Universal Soil Loss Equation, zur Abschätzung der Niederschlagserosion in Südafrika verwendet.  Die Ergebnisse betonen die Flächen- und Rillenerosion und zeigen, dass Gebiete als mäßig bis hoch erosionsgefährdet eingestuft werden, wenn die durchschnittliche jährliche Rate von Bodenverlust 12 Tonnen pro Hektar pro Jahr übersteigt. In diesem Zusammenhang ist das Ostkap (6 188 581 qkm) die am stärksten betroffene Provinz. Quantitative Schätzungen gehen von Verlusten von etwa 12,6 t/ha/Jahr in Südafrika aus. In Anbetracht der Tatsache, dass die natürliche Bodenbildungsrate weniger als 5 t/ha/Jahr beträgt, ist es offensichtlich, dass mehr Boden verloren geht als gewonnen wird.

Abbildung 1: Lage der Erosionsrinnen in Südafrika (Mararakanye und le Roux, 2012). © Mararakanye und le Roux

Angesichts der zunehmenden Gefahr der Verschlammung von Stauseen erkannte die Wasserforschungskommission (WRC) die Notwendigkeit, die ursprüngliche Karte der Sedimentfrachten Südafrikas zu verbessern (Rooseboom et al. 1992). Daraufhin wurde eine überarbeitete Karte erstellt, die die neuesten Daten zur Sedimentablagerung in Stauseen in wahrscheinlichkeitstheoretischen und empirischen Modellen verwendet (Msadala et al. 2010). Abbildung 3 zeigt, dass die höchsten Ablagerungen in den östlichen Teilen des Landes, einschließlich der Lowlands von Lesotho, vorhergesagt werden.

Die zugrunde liegende Geologie gehört zu den Beaufort-Sedimenten der Drakensberg-Gruppe. Einige dieser Gesteinsschichten weisen sehr hohe Natriumkonzentrationen auf. Ein zu hoher Natriumgehalt führt zu einer Ausbreitung der Bodenpartikel und macht sie extrem anfällig für Wassererosion. Eine falsche Bewirtschaftung dieser Böden, z.B. durch Überweidung und nicht nachhaltige Bodenbearbeitung, führt zu einer starken Verschlechterung dieser empfindlichen Böden.

Das politische Erbe der Apartheid und das mit ihr verbundene "Homeland-System" führten zu einer relativen Überbevölkerung in ehemaligen Homelands, auch in Bergregionen mit empfindlichen Böden (z.B. Transkei und QwaQwa). Der nicht nachhaltige und erzwungene Zustrom von Menschen und Vieh auf diese von Natur aus erosionsanfälligen Böden war geradezu eine vorprogrammierte Katastrophe. Diese Gebiete gehören nach wie vor zu den am stärksten degradierten Systemen im südlichen Afrika.

Das Tiefland von Lesotho weist die gleiche empfindliche geologische Formation auf wie das umliegende Südafrika (Abbildung 2). Die Mehrheit der Bevölkerung bewohnt dieses Tiefland, um dem rauen, kalten Klima des Hochlands zu entkommen. Auf diesen kommunalen Flächen werden spezielle Weidepläne nur selten umgesetzt, die Überweidung in der Nähe der Dörfer ist weit verbreitet. Infolgedessen sind große Teile des Tieflands durch Wassererosion stark geschädigt worden. Diese Degradation, die auf Überbevölkerung und fehlende Land-Eigentumsrechte zurückzuführen ist, wird häufig mit dem Begriff "Tragödie der Allmende" umschrieben (Harding, 1968).

Abbildung 2: Risiko der Flächen- und Rillenerosion in Südafrika (le Roux et al., 2008). © le Roux
Abbildung 3: Karte zur Vorhersage des Sedimentaustrags in Südafrika und Lesotho (Msadala et al., 2010). © Msadala

Bedrohte Wassersicherheit

Die Degradation der montanen und alpinen Feuchtgebiete in der Maloti-Drakensberg-Region in Südafrika und Lesotho ist wahrscheinlich eine der größten Bedrohungen für die Wassersicherheit im wasserarmen südlichen Afrika. Die Maloti-Drakensberg-Region dient als Wasserturm, der die Wasserversorgung des südlichen Afrikas reguliert, insbesondere durch wichtige Flüsse und Wasserinfrastrukturen wie das Senqu/Orange-System und das Lesotho Highlands Water Project (LHWP), das das wirtschaftliche Zentrum des südlichen Afrikas in Gauteng, Südafrika, sowie Botswana und Namibia mit Wasser versorgt.

Die alpinen Feuchtgebiete erfüllen wichtige Ökosystemfunktionen wie Hochwasserschutz, Rückhaltung von Sedimenten und Schadstoffen, Bindung von organischem Kohlenstoff, Grundwasserspeicherung und -anreicherung. Zu dem bieten sie Lebensraum für endemische Arten und einzigartige Vegetationsgemeinschaften. Sie sind jedoch einer alarmierenden Verschlechterung unterworfen. Schätzungen zufolge sind in den letzten 30 Jahren zwischen 20 und 50 Prozent der Feuchtgebiete verschwunden, und die verbliebenen speichern deutlich weniger Wasser.

Mehrere Faktoren tragen zu ihrer Verschlechterung bei, darunter Überweidung, schlechte Infrastrukturplanung (insbesondere das Straßennetz), die Aktivität der Eisratte (Otomys sloggetti robertsi) (Titelbild) und der Klimawandel. Es fehlt jedoch an grundlegenden Hintergrundinformationen, um definitiv zu bestimmen, welche Faktoren die Degradation verursachen.

Luftbild eines degradierten Feuchtgebiets in den Maloti-Drakensbergen im südlichen Afrika. © Autoren

Obwohl erhebliche Anstrengungen zur Wiederherstellung geschädigter alpiner Feuchtgebiete unternommen wurden, waren die bisherigen Ansätze durch eine fragmentierte, projektspezifische Methodik gekennzeichnet. Das Hauptaugenmerk lag dabei auf der Umsetzung fester Strukturen wie z.B. Mauern in den Feuchtgebieten, wobei der eigentlich kritische Aspekt der Beseitigung von grundlegenden Ursachen der Degradation übersehen wurde. Die geschädigten oder sich verschlechternden Feuchtgebiete sind oft eine Folge einer schlecht bewirtschafteten Landschaft.

Ist die Degradation aufzuhalten?

Ohne ein umfassendes Verständnis und eine Bewertung der Faktoren, die zur Degradation beitragen, wird die Bewältigung der grundlegenden Probleme zu einer komplizierten Herausforderung. Um diesen Mangel an Grundlagenwissen zu beheben, wurde in den Maloti-Drakensbergen eine Plattform für langfristige sozioökologische Forschung (LTSER) eingerichtet (Kotze et al., 2023). Dabei handelt es sich um Afrikas erste derartige alpine und grenzüberschreitende Plattform, bei der die Erforschung der Degradation von Feuchtgebieten und Weideland im Vordergrund steht.

Darüber hinaus wurde vor kurzem in Lesotho eine Initiative mit dem Namen RE NOKA (was so viel bedeutet wie "Wir sind ein Fluss") gestartet, die von der Regierung Lesothos, der EU und dem Bundesentwicklungsministerium (BMZ) finanziert wird. Dieses Projekt zielt darauf ab, einen integrativen Ansatz für das Einzugsgebietsmanagement (ICM) zur Wiederherstellung von Feuchtgebieten in verschiedenen Regionen Lesothos anzuwenden. Das basiert auf der Überzeugung, dass eine nachhaltige Wiederherstellung nur durch ein umfassendes ICM-Konzept erreicht werden kann, bei dem das gesamte Einzugsgebiet nachhaltig bewirtschaftet wird.

Dazu gehören zum Beispiel die Wiederherstellung von Weideflächen und die Anwendung von Weidemanagementstrategien, eine reduzierte Bodenbearbeitung und die Anerkennung der Notwendigkeit, dass die lokalen Gemeinschaften die Wiederherstellung aktiv mitgestalten. Wir sind davon überzeugt, dass ein solcher ICM-Ansatz in Verbindung mit einem ganzheitlichen Grundverständnis und einer Herausarbeitung der Mechanismen, die zur Degradation führen, diese Ursachen angemessen aufhalten könnte. Dies könnte die weitere Verschlechterung der Ökosystemleistungen in diesen wichtigen Landschaften eindämmen und ihre Wiederherstellung ermöglichen. 

Johan van Tol Universität des Freistaates in Bloemfontein, Südafrika
Linus Franke Universität des Freistaates in Bloemfontein, Südafrika
Jay le Roux Universität des Freistaates in Bloemfontein, Südafrika

Quellen:

Hardin G., 1968. The tragedy of the commons. Science. 162:1243–1248.

Kotze, J.J., van Tol, J.J. & Clark, V.R., 2023. Africa’s First Alpine and Transboundary Long-Term Socioecological Research Platform. 43(3). Mountain Research and Development. doi.org/10.1659/mrd.2023.00035.

Le Roux, J.J., Newby, T., Sumner, P., 2007. Monitoring soil erosion in South Africa at a regional scale: review and recommendations. South Afr. J. Sci. 103, 329 - 335.

Le Roux, J.J., Morgenthal, T.L., Malherbe, J., Sumner, P.D., Pretorius, D.J., 2008. Water erosion prediction at a national scale for South Africa. Water SA 34(3), 305-314. ISSN 1816-7950.

Mararakanye, N., Le Roux, J.J., 2012. Gully erosion mapping at a national scale for South Africa. South African Geographical Journal 94(2), 208-218. doi.org/10.1080/03736245.2012.742786.

Msadala, V., Gibson, L., Le Roux, J.J., Rooseboom, A. Basson, G.R., 2010: Sediment Yield Prediction for South Africa: 2010 Edition, WRC report 1765/1/10. ISBN 978-1-4312-0042-9. Water Research Commission: Pretoria, South Africa.

Pretorius DJ., 1998. The development of land degradation monitoring and auditing techniques with the aid of remote sensing and GIS technology. ISCW Report No. GW/A/98/27. National Department of Agriculture, Directorate Land and Resources Management, Pretoria.

  • Die URL wurde in die Zwischenablage kopiert

Das könnte Sie auch interessieren