Zur Hauptnavigation springen Zur Suche springen Zum Seiteninhalt springen Zum Footer springen

  • Klima & Ressourcen
  • 04/2023
  • Alisher Mirzabaev, Dr. Heike Baumüller

Afrikas Große Grüne Mauer-Initiative: Wie es um sie steht und wie es weitergehen kann

Weil in der Sahel-Region vielerorts die Konflikte zunehmen und Kapazitäten zur Umsetzung der Begrünungsprojekte fehlen, ist nur ein Bruchteil der Mittel ausgegeben. Nun ist Nachjustieren und Monitoring gefragt.

Der Verwüstung Land abtrotzen und begrünen: Die "Große Grüne Mauer" soll von Senegal bis Dschibuti reichen. © Natalia Cieslik / World Bank

Die Böden in der Sahel-Region im subsaharischen Afrika verlieren stetig an Fruchtbarkeit. Dies gefährdet die Ernährungssicherheit und Erwerbschancen der dort lebenden Menschen. Auch die Anfälligkeit für klimatische Veränderungen wächst, insbesondere für die ländliche Bevölkerung. Der Klimawandel, so die Erwartungen, wird das landwirtschaftliche Potenzial und die Bodenfruchtbarkeit in vielen Teilen Afrikas verringern.

Dadurch entstehen hohe Kosten: Im Durchschnitt gingen in der Sahel-Region in den vergangenen beiden Dekaden pro Jahr 3 Mrd. Dollar verloren, weil Böden schlechter oder gar nicht mehr nutzbar waren. Der größte Anteil davon entfiel auf Nigeria und Äthiopien, hauptsächlich wegen der dort rasch fortschreitenden Entwaldung. Viele verschiedene Faktoren belasten die Nutzbarkeit der Böden, darunter die wachsende Nachfrage nach Nahrung und Brennholz, ausgedehnte Brandrodungen sowie unsichere Besitzrechte, denn sie verhindern langfristige Investitionen in nachhaltige Bodenbewirtschaftung und die Wiedernutzbarmachung ausgezehrter Flächen.

Die Anbauflächen wurden auch durch die Monokulturen von Agrarprodukten (vor allem Baumwolle) in mehreren westafrikanischen Ländern und durch nicht nachhaltige Nutzungen von Subsistenzbauern geschädigt. In der Folge haben Bauern ihre Anbauflächen zunehmend auf Weidegebiete ausgedehnt, was neue Konflikte schürt, denn sie konkurrieren mit den Viehhirten um Land und Wasser. Solche und andere gewaltgeladene Konflikte behindern in der Region auch Bemühungen um die Renaturierung von Ökosystemen, weil der Weg zu ihnen nicht mehr sicher ist.

2017 begann die Afrikanische Union mit der Große Grüne Mauer-Initiative (Great Green Wall oder GGW). Sie hatte zum Ziel, den Verlust von Agrarflächen einzudämmen, und die Revitalisierung von Ökosystemen sollte als Katalysator für eine breitere Entwicklung in der Sahel-Region dienen. Die ehrgeizige Initiative hat angepeilt, 100 Millionen Hektar ökologisch übernutzter und degradierter Flächen in elf Ländern der Region zu revitalisieren, dabei nachhaltige Entwicklung zu fördern und den Folgen des Klimawandels entgegenzuwirken. Die lokale Bevölkerung setzt große Hoffnungen und Erwartungen in diese Initiative.

Männer und Frauen aus einem Dorf in Senegal arbeiten in einer Baumschule als Teil des Great Green Wall-Initiative.
Männer und Frauen aus einem Dorf in Senegal arbeiten in einer Baumschule als Teil des Great Green Wall-Initiative, die sich der zunehmenden Verwüstung entgegenstemmen soll. © FAO / Benedicte Kurzen / NOOR

Zu wenig Geld und zunehmende Konflikte

Bis heute hat die Renaturierung nur auf einem kleinen Teil der geplanten 100 Millionen Hektar begonnen. Im Jahr 2020 habe die Arbeit nur auf vier Millionen Hektar in dem unmittelbaren Aktionsgebiet der GGW und auf 18 Millionen Hektar in der weiteren Sahel-Region begonnen, lautet eine Bilanz, die im Auftrag des Übereinkommens der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung (UNCCD) erstellt wurde.

Die Gründe für den langsamen Fortschritt sind komplex. Mangelnde Geldmittel sind nur einer davon. Bis 2021 sollen lediglich 200 Mio. Dollar für GGW-Projekte ausgegeben worden sein. Als hinderlich haben sich beispielsweise eine wachsende Zahl von Konflikten erwiesen sowie mangelnde Kapazitäten zur Umsetzung von Aktivitäten zur Renaturierung. Außerdem herrschte zu wenig Wissen sowohl über die wirtschaftlichen Kosten als auch über den ökologischen Nutzen von unterschiedlichen Methoden der Renaturierung. Dies kann immer wieder verhindern, dass größere Investitionen gezielt, wirksam und effizient eingesetzt werden.

Beim One Planet Summit für Biodiversität im Jahr 2021 wurden 19 Mrd. Dollar für die GGW-Initiative zugesagt. Wie es heißt, sind bereits 80 Prozent konkreten und umsetzbaren Projekten zugeordnet worden. Auch wenn dies beträchtliche Summen sind, werden sie nicht ausreichen. Man wird etwa 44 Mrd. Dollar investieren müssen, um wirtschaftlich tragfähige und ökologisch nachhaltige Boden-Renaturierung in der Sahel-Region zu ermöglichen.

Dafür ist der erwartete Nutzen vielversprechend: Jeder Dollar, der in die Nutzbarmachung von Flächen investiert wird, bringt im Durchschnitt 1,20 Dollar ein. Maximal zehn Jahre dauert es für Boden-Renaturierung, um sich in sozialer Hinsicht zu rechnen. Und jeder Erfolg wird in der Region nicht nur Einkommen und Ernährungssicherheit stärken, sondern bedeutet auch weltweite Fortschritte im Kampf gegen die globale Erwärmung.

Ökosystemleistungen und Ernährungssicherheit abwägen

Die Kosten-Nutzen-Analysen von Landrestaurierungsmaßnahmen zeigen auch, dass der größte Nutzen für das Ökosystem durch die Wiederherstellung von Wäldern erzielt werden kann, die zu Gehölz- und Strauchlandschaften degradiert wurden, oder schon Trockensavanne sind. Wägt man jedoch die relativen Kosten und Nutzen der Renaturierung von landwirtschaftlichen Anbauflächen versus Weideland ab, ergibt sich ein differenzierteres Bild: Wo die landwirtschaftliche Produktivität höher ist, sind auch die von wiedergewonnenen Ackerflächen bereitgestellten Ökosystemleistungen wahrscheinlich größer. In anderen Regionen kann es, wenn man den Gesamtwert der Ökosystemleistungen berücksichtigt, wirtschaftlich sinnvoller sein, wenig produktive Ackerflächen in Grünland umzuwandeln.

Dies zeigt, dass die Konzeption von Renaturierungsaktivitäten nicht nur eine finanzielle Kalkulation ist, sondern von politischen Prioritäten geleitet werden muss, bei denen die verschiedenen Ökosystemkosten und -nutzen abgewogen – und dabei auch die jeweiligen Prioritäten für die Ernährungssicherheit in Betracht gezogen werden.

In der Tat haben die Regierungen in der Sahel-Region oft der Nahrungsproduktion den Vorzug gegeben. Das ist wenig überraschend angesichts der Sorgen um die Ernährungssicherheit und eines fehlenden Marktes für die meisten anderen Ökosystemleistungen wie der Wasserverteilung oder der Biodiversität von Lebensräumen. Im Ergebnis ist es aus der Perspektive des privaten Sektors wirtschaftlich wenig attraktiv, Land zu renaturieren, das nicht als Anbaufläche genutzt werden kann.

Eine alternative Einnahmequelle aus der Renaturierung von Land wären in Zukunft allenfalls Einnahmen aus der Kohlenstoffabscheidung und -speicherung als Teil der weltweiten Bemühungen zur Eindämmung des Klimawandels. Dazu benötigen die Länder der Sahelzone aber Unterstützung, um substanzielle technische Hürden zu überwinden. Diese behindern derzeit die Teilnahme dieser Länder am weltweiten Emissionshandel, insbesondere bei der Anwendung von Artikel 6 des Pariser Klima-Abkommens.

Überambitionierte Ziele justieren und Monitoring schärfen

Schließlich würden noch eine Reihe anderer unterstützender Maßnahmen benötigt, um die Geschwindigkeit der Wiederaufforstung zu erhöhen. Viele nationale Strategien haben sich ausgesprochen anspruchsvolle Ziele und Fristen gesetzt, die gar nicht erfüllt werden können, solange die zugesagten Geldmittel nicht in voller Höhe bereitgestellt werden.

Die GGW-Initiative und die von ihr bis 2030 gesetzten Ziele sind vor allem durch die hohe Abhängigkeit von Spenden von außen gefährdet. Die bisherigen Erfahrungen aus Afrika, z.B. aus Ruanda, zeigen jedoch deutlich, dass Projekte zur Bodenrenaturierung vor allem dann ihre gesetzten Ziele erreichen, wenn die Programme und die Unterstützung in erster Linie aus den nationalen Haushalten kommen.

Nötig wären realistischere Planungen mit machbaren Zeitplänen, die sich direkt an den verfügbaren Finanzmitteln orientieren. Systeme für ein effektives Monitoring und Evaluationen sind für Regierungen und die Geldgeber gleichermaßen zwingend erforderlich, um die Programme regelmäßig dem Feedback entsprechend zu justieren.

Soll die Umsetzung der GGW-Initiative erfolgreich sein, wäre es außerdem zwingend erforderlich, die verbreiteten Konflikte zu lösen, staatliche Institutionen und die Governance-Strukturen zu stärken und aktive zivilgesellschaftliche Organisationen zu fördern.

Alisher Mirzabaev Center for Development Research (ZEF) und Unique land use GmbH
Dr. Heike Baumüller Center for Development Research (ZEF), Bonn

Weitere Informationen:

Mirzabaev et al. (2022) Economic efficiency and targeting of the African Great Green Wall. Nature Sustainability 5: 17–25. https://doi.org/10.1038/s41893-021-00801-8.

Mirzabaev et al. (2021) Land, climate, energy, agriculture and development in the Sahel: Synthesis paper of case studies under the Sudano-Sahelian initiative for regional development, jobs, and food security. ZEF Working Paper No. 204, Center for Development Research (ZEF), University of Bonn. https://research4agrinnovation.org/publication/sahel-synthesis/

 

Lesen Sie auch diesen Artikel zum Thema:

Das könnte Sie auch interessieren