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  • Agrar- & Ernährungspolitik
  • 02/2024
  • Moumini Savadogo

Wie viel geben Afrikas Staaten für die Agrarpolitik aus?

Der Kontinent verfehlt die vor zehn Jahren in Malabo gesteckten Ziele. Die Wertschöpfung ist gewachsen, aber auf niedrigem Niveau. Deshalb braucht es neue Vorgaben für öffentliche Investitionen in die Landwirtschaft.

Eine Erntemaschine in Senegal. Die Mechanisierung der afrikanischen Landwirtschaft liegt bei etwa zehn Prozent. 65 Prozent der Arbeitskraft leisten Menschen, 25 Prozent Zugtiere. © AfDB via Flickr

Zehn Jahre nach der Konferenz von Malabo haben die meisten afrikanischen Länder das gleichnamige Ziel verfehlt, zehn Prozent ihrer nationalen Haushalte in die Landwirtschaft zu investieren. Die Tatsache verschleiert, dass die öffentlichen Investitionen in diesen Sektor in Afrika durchaus gestiegen sind. Um die Agrar- und Ernährungswirtschaft des Kontinents aber widerstandsfähiger gegen Schocks zu machen – und um Ernährungssicherheit und Agrarsysteme zu verbessern –, sind dringend höhere Investitionen erforderlich.

Als sich Afrikas Staats- und Regierungschefs im Juni 2014 in Malabo in Äquatorialguinea trafen, gingen sie die historische Verpflichtung ein, zehn Prozent ihrer Staatshaushalte in die Landwirtschaft zu investieren. Mit der Erklärung von Malabo unterstützten sie außerdem weitere weitreichende Ziele wie:

Die Erklärung von Malabo war Teil des umfassenderen Programms zur Entwicklung der afrikanischen Landwirtschaft (CAADP). CAADP ruft zu einer landwirtschaftlich geprägten Entwicklung auf, die den Hunger beseitigt, Armut und Ernährungsunsicherheit verringert und ein höheres nachhaltiges Wirtschaftswachstum ermöglicht.

Die CAADP- und Malabo-Initiativen sind wichtige Meilensteine auf dem Weg zu einem von der Landwirtschaft getragenen Wirtschaftswachstum nach einer Zeit wirtschaftlicher Strukturanpassungen. Es handelt sich um einen innovativen Prozess, der das Profil der Landwirtschaft schärft und eine bessere Politik sowie erhebliche Investitionen in den Agrarsektor als Haupttriebfeder für Wirtschaftswachstum und Wohlstand fördert.

Die CAADP- und Malabo-Initiativen sind wichtige Meilensteine auf dem Weg zu einem von der Landwirtschaft getragenen Wirtschaftswachstum nach einer Zeit wirtschaftlicher Strukturanpassungen. Es handelt sich um einen innovativen Prozess, der das Profil der Landwirtschaft schärft und eine bessere Politik sowie erhebliche Investitionen in den Agrarsektor als Haupttriebfeder für Wirtschaftswachstum und Wohlstand fördert.

Insgesamt sind die Fortschritte bei der Umsetzung des CAADP-Programms lobenswert, und die meisten CAADP-Indikatoren haben sich seit 2003 positiv entwickelt (1). Im Vergleich zum Rest der Welt hat Afrika seit dem Jahr 2000 den am schnellsten wachsenden Agrarsektor. Untersuchungen zeigen, dass sich der landwirtschaftliche Wertschöpfungsindex, der die Prozesse zur Wertsteigerung landwirtschaftlicher Primärgüter misst, zwischen 2000 und 2020 mehr als verdoppelt hat. Dem steht allerdings gegenüber, daß sich das allgemeine Wirtschaftswachstum und der Abbau von Ungleichheit, Armut und Unterernährung verlangsamt haben, und die Unterernährung von Kindern auf dem afrikanischen Kontinent weiterhin relativ hoch ist. 

Weit weniger Fortschritte hat es aber bei der Malabo-Verpflichtung gegeben, mit zehn Prozent der nationalen Haushalte die Landwirtschaft zu unterstützen. Die Zuweisung öffentlicher Mittel zur Förderung des Sektors liegt weiterhin weit unter dem Malabo-Ziel. Zugleich sollte man sich nicht ausschließlich auf das Malabo-Ziel konzentrieren, es gäbe ein Zerrbild der Realität. Denn die afrikanischen Länder haben bei den Investitionen und der Verbesserung ihrer Landwirtschaft bedeutende Fortschritte gemacht.

Das Malabo-Ziel verfehlt

Die Afrikanische Union (AU) und ihre Partner folgen einem rigorosen Prozess der Überwachung, Bewertung und gegenseitigen Rechenschaftspflicht. Auf einer interaktiven Website und in einem jährlichen Trend- und Prognosebericht wird über die Fortschritte zur Erreichung der CAADP-Kernindikatoren berichtet. Die alle zwei Jahre stattfindende CAADP-Überprüfung listet Fortschritte nach Ländern und Regionen hinsichtlich der Malabo-Erklärung von 2014 auf.

So betont der 3. CAADP-Bericht aus dem Jahre 2022, dass „der afrikanische Kontinent immer noch nicht auf dem richtigen Weg ist, die CAADP/Malabo-Verpflichtung bis 2025 zu erfüllen". Von den 51 AU-Mitgliedstaaten ist nur Ruanda gut unterwegs, alle Verpflichtungen der Malabo-Erklärung zu erfüllen. Darüber hinaus erreichten nur vier Länder das Ziel, zehn Prozent des Staatshaushalts in die Landwirtschaft zu investieren. Das sind Burundi, die DR Kongo, Äthiopien und Mali. Vier Mitgliedstaaten (Ägypten, Eswatini/vormals Swasiland, Seychellen und Sambia) sind immerhin auf dem Weg dorthin, was einer Verbesserung entspricht, nachdem im Überprüfungszeitraum davor kein Land bei diesem Indikator erfolgreich war.

Finanzielle Unterstützung für die Landwirtschaft

Sich allein auf das Malabo-Ziel zu konzentrieren, verstellt jedoch den Blick darauf, dass Afrika bedeutsame – wenn auch unzureichende – Finanzmittel zur Unterstützung seines Agrarsektors mobilisiert hat (2). So haben sich die öffentlichen Ausgaben für die Landwirtschaft von 10,7 Mrd. Dollar im Jahr 2000 auf 17 Mrd. Dollar im Jahr 2021 nahezu verdoppelt. Der Anteil der öffentlichen Investitionen in die Landwirtschaft an allen öffentlichen Ausgaben ist dagegen jährlich im Schnitt von 3,9 Prozent im Zeitraum 2000-2008 auf 2,7 Prozent und später auf 2,4 Prozent im Jahr 2020 gesunken.

Dabei darf ein wesentlicher Grund für das geringe staatliche Engagement in der Landwirtschaft nicht vergessen werden: Nach mehr als zwei Jahrzehnten wirtschaftlicher Stagnation bis Ende der 1990er Jahre hatte sich in den afrikanischen Ländern ein hoher Investitionsbedarf in die Infrastruktur und in die sozialen Dienste angestaut, der gedeckt werden musste.

Landwirte in Senegal. Staatliche Investitionen in ländliche Infrastruktur stagnieren. © AfdB via Flickr

In den vergangenen zwei Jahrzehnten erzielte Afrika ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum und konnte sein Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 1,2 Billionen Dollar im Jahr 2000 auf 2,7 Billionen Dollar im Jahr 2021 verdoppeln. Besonders dynamisch war der Aufschwung in den frühen 2000er Jahren mit einem realen BIP-Wachstum von 5,5 Prozent zwischen 2000 und 2008. Die COVID-19-Pandemie und andere widrige Umstände, wie der Krieg zwischen Russland und der Ukraine, stellten dann eine große Herausforderung dar, das starke Wachstums des vergangenen Jahrzehnts aufrecht zu erhalten. Zu Beginn der Pandemie schrumpfte das BIP pro Kopf real um 5,3 Prozent und entsprach 2021 dem Wert von 2010.

Wertschöpfung verdoppelt

Afrika hat zwar im Verhältnis zur Größe seines Agrarsektors geringere öffentliche Mittel für die Bauern bereitgestellt. Andererseits hat sich aber die Wertschöpfung der Landwirtschaft (in konstanten Dollarwerten von 2015) zwischen 2000 und 2021 verdoppelt und ist von 200 auf 425 Mrd. Dollar gestiegen. Der Anstieg in vielen Ländern Afrikas beruht auf einer höheren Produktivität in den Bereichen landwirtschaftliche Flächen, Arbeit und Lebensmittelverarbeitung. Im Durchschnitt wuchs die landwirtschaftliche Wertschöpfung zwischen 2000 und 2015 jährlich um 4,1 Prozent und zwischen 2016 und 2021 um 3,2 Prozent.

Die Arbeitsproduktivität in der Landwirtschaft hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten fast um die Hälfte erhöht und ist von 1.323 Dollar im Jahr 2000 auf 1.874 Dollar im Jahr 2021 gestiegen, gemessen an der landwirtschaftlichen Wertschöpfung pro Arbeitskraft zu konstanten Dollarwerten von 2015. Die Flächenproduktivität, gemessen an der landwirtschaftlichen Wertschöpfung pro Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche, hat sich im Berichtszeitraum mehr als verdoppelt.

Einige Staaten haben inzwischen damit begonnen, einen großen Teil der höheren Produktivität für landwirtschaftliche Investitionspläne zu nutzen. In Liberia und Sambia sind beispielsweise 77 Prozent bzw. 63 Prozent der höheren Wertschöpfung in den Agrarsektor zurückgeflossen. Dieser Trend zeigt, dass Agrarinvestitionen erheblich gesteigert werden können, wenn ein größerer Teil der landwirtschaftlichen Wertschöpfung an den Sektor zurückgegeben wird. Andere Ländern könnten diesen positiven Beispielen folgen.

Beim Afrika-Gipfel für Ernährungssicherheit in Dakar gab es 2023 Milliarden-Zusagen der Afrikanischen Entwicklungsbank und anderer Partner für den Agrarsektor. © AfDB via Flickr

Innerafrikanischer Agrarhandel im Aufwind

Die erhöhte Produktivität hat sich stark auf den innerafrikanischen Agrarhandel ausgewirkt, der zwischen 2003 und 2021 um 175 Prozent von 5,4 Mrd. Dollar auf 14,9 Mrd. Dollar wuchs. Generell war der Zeitraum 2009-2015 mit einem durchschnittlichen innerafrikanischen Agrarhandel von 13,5 Mrd. Dollar pro Jahr der leistungsstärkste, was vor allem auf verarbeitete Lebensmittel, insbesondere aus Maniok, zurückzuführen war.

Die weltweiten Agrarexporte Afrikas sind von 25,3 Mrd. Dollar 2003 auf 73,2 Mrd. Dollar 2021 erheblich angewachsen. Der Anteil des innerafrikanischen Agrarhandels an den weltweiten Agrarexporten war in jüngster Vergangenheit zwar rückläufig, wird aber ab 2021 voraussichtlich wieder steigen. Etwa 20 Prozent der afrikanischen Ausfuhren bleiben auf dem Kontinent. Dies zeigt ein enormes innerafrikanisches Steigerungspotenzial – vorausgesetzt, dass investitions- und handelspolitische Maßnahmen günstigere Rahmenbedingungen schaffen.

Der Weg zu einer Post-Malabo-Agenda

Der CAADP/Malabo-Prozess hat den Weg für eine faktengestützte Agrarpolitik und Ergebniskontrolle geebnet, um das Ziel eines „Afrika, das wir wollen“ mit stetigem Fortschritt zu erreichen. Das fundierte Fachwissen und die soliden Instrumente, die in den letzten zwei Jahrzehnten geschaffen wurden, sind Indikatoren der Wirksamkeit eines landwirtschaftlich getragenen Wachstums und einer nachhaltigen Entwicklung.

Als eine der wichtigsten Lehren plädiert die Kommission der Afrikanischen Union bei der Gestaltung der Post-Malabo-Agenda für eine Erhöhung der öffentlichen Ausgaben für die Landwirtschaft. Die Messlatte soll allerdings künftig die Höhe der öffentlichen Agrarausgaben als Anteil deslandwirtschaftlichen BIP (und nicht des allgemeinen BIP) dienen. Es ist damit zu rechnen, dass Ressourcen so leichter zu mobilisieren sind und sich erhöhte Agrarausgaben auf der Basis des sektoral geschaffenen Wohlstands rechtfertigen lassen. Dies könnte bei den Haushaltszuweisungen den Wettbewerbsdruck mit anderen Sektoren abschwächen und ein starkes Argument für höhere Mittel für den Agrarsektor liefern, wie es in Liberia und Sambia der Fall ist.

Eines ist klar: Es werden dringend sowohl mehr öffentliche als auch private Investitionen benötigt, um die Landwirtschaft und die Nahrungsmittelsysteme in Afrika entlang der Wertschöpfungskette nachhaltig zu verbessern und umzugestalten. Dies gilt insbesondere in den Bereichen Lebensmittelverarbeitung, Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel und anderen Schocks, Betriebsmittel, Bodengesundheit, Bioökonomie und innovative Technologien einschließlich künstlicher Intelligenz und Digitalisierung.

Moumini Savadogo Akademiya2063, Kigali, Ruanda

Zur Person: Moumini Savadogo ist Managing Direktor der Akademiya2063, einer afrikanischen Non-Profit-Forschungsorganisation mit Sitz in Kigali, der Hauptstadt von Ruanda.

Referenzen: 

(1) AKADEMIYA2063, 2023: The CAADP Years, Performance among African Countries since 2000. Brief. 12p.

(2) Alle folgenden Daten sind bei www.ReSAKSS.org  (Regional Strategic Analysis and Knowledge System Support, AKADEMIYA2063) zu finden.

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