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  • Klima & Ressourcen
  • 12/2022
  • Ulrich Post

Methan: der vernachlässigte Klimaschädling

Nach Kohlendioxid ist Methan das zweitwichtigste Treibhausgas. Es wird stark von der Massentierhaltung emittiert – und was auftauende Permafrostböden freisetzen, ist noch gar nicht abschätzbar.

Methan ist nach Kohlendioxid das zweitwichtigste Treibhausgas, das zur Erderwärmung beitragt. In der Atmosphäre kann es in den ersten 20 Jahren Wärme bis zu 87mal wirksamer binden als CO2, so das Weltklimasekretariat. Sein Anteil an den gesamten Treibhausgas-Emissionen liegt bei 15 bis 20 Prozent, es trägt aber auch zur Bildung des bodennahen Luftverschmutzers Ozon bei. Nicht zuletzt warnen Wissenschaftler vor auftauenden Permafrostböden in Nordamerika und Nordasien: Dabei wird auch Methan freigesetzt. Immerhin sind rund ein Sechstel der Erdoberfläche Permafrostböden.

Wie Kohlendioxid wird Methan nicht nur vom Menschen (60 Prozent), sondern auch von der Natur emittiert (40 Prozent), etwa Sümpfen oder Mooren. Von Menschen verursachtes Methan stammt aus der Landwirtschaft (v.a. Tierhaltung und Reisanbau), aus dem Energiesektor (z.B. Erdgasgewinnung) oder aus Abfall (z.B. Mülldeponien).

Die Internationale Energieagentur IEA schätzt den Anteil der Landwirtschaft an den anthropogenen Methanemissionen auf rund 40 Prozent, gefolgt von Öl und Gas (35) und Abfall (20). Unter den landwirtschaftlichen Emissionen hat die Tierhaltung den größten Anteil; dabei ist die enterische Fermentation (Verdauungsprozess von Wiederkäuern) der dominante Prozess, und Rinder sind die dominante Tierart.

Schaut man auf die Liste der Länder, die am meisten Methan in die Atmosphäre abgeben, so steht China mit großem Vorsprung an der ersten Stelle, gefolgt von Indien, den USA, Russland und Brasilien. Von den ersten zehn größten Emittenten nehmen vier nicht am Global Methane Pledge teil, einer nicht-bindenden Verpflichtung von derzeit 150 Ländern, die Methan-Emissionen bis 2030 um mindestens 30 Prozent gegenüber 2020 zu senken und um 45 Prozent bis 2040.

Eine im November 2022 erschienene Studie des Institute for Agriculture and Trade Policy und der Changing-Markets-Stiftung hat die Methan-Emissionen von 15 der weltgrößten Fleisch- und Milchkonzerne untersucht. Ergebnis: Die kombinierten Emissionen von fünf Fleisch- und zehn Milchunternehmen sind höher als die einiger der größten Länder, wie Russland, Kanada oder Australien. Sie erreichen etwa 80 Prozent der gesamten Methanemissionen der EU und tragen zu mehr als elf Prozent zu den weltweiten Methan-Emissionen bei, die durch Tierhaltung verursacht werden. Weil die Unternehmen nicht transparent kommunizieren, beruhen die Daten der Studie teilweise auf Schätzungen.

JBS in Brasilien, der weltweit größte Fleischkonzern und drittgrößte Nahrungsmittelproduzent, verursacht in der Tierhaltung mehr Methan-Emissionen als Frankreich, Deutschland, Kanada und Neuseeland zusammen. Tyson, der zweitgrößte Fleischkonzern mit Sitz in den USA, produziert fast so hohe Methan-Emissionen aus der Tierhaltung wie Russland.

Die IATP-Studie empfiehlt Reformen, um Emissionen zu senken und das Klima nicht weiter anzuheitzen. Beispielsweise schlägt sie Regierungen vor, von Unternehmen eine Berichterstattung über die Treibhausgas-Emissionen zu verlangen und den Übergang weg von der Massentierhaltung zu unterstützen, also die Zahl der Tiere pro Farm endlich zu senken. Unternehmen sollten sich auch Minderungsziele setzen und transparenter über ihre Methan-Produktion berichten.

Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) weist darauf hin, dass der Abbau von durch Menschen verursachte Methan-Emissionen eine besonders kosteneffektive Strategie ist, die Erderwärmung relativ schnell zu reduzieren und damit signifikant dazu beizutragen, den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen. Zielgenaue Instrumente dafür seien schon vorhanden und könnten mit anderen Maßnahmen die anthropogenen Methan-Emissionen um bis zu 45 Prozent senken. Das würde bis 2040 fast 0,3 Grad Erderwärmung vermeiden helfen. Ein "Weiter so" werde sie bis 2030 dagegen um 15 Prozent steigern.

Von internationalen Verhandlungen vernachlässigt

Bei der COP27 in Ägypten spielte Methan keine besondere Rolle. Zwei Entwicklungen seien hier dennoch genannt: Zum einen wurde das Mandat der Koronivia Joint Work on Agriculture (KJWA) um vier Jahre verlängert. Das KJWA ist das einzige Programm, das sich im Rahmen des UNFCCC auf Landwirtschaft und Ernährungssicherheit konzentriert. Durch die Einbeziehung der Landwirtschaft in die Prozesse soll das KJWA den Wandel der Landwirtschafts- und Ernährungssysteme vorantreiben. Es geht darum, Synergien und Zielkonflikte zwischen Anpassung, Abschwächung und Produktivität anzugehen. Die Diskussionen darüber, wie landwirtschaftliche Emissionen, auch von Methan, eingedämmt werden können, sind in den UN-Klimaverhandlungen relativ neu.

Zum anderen fand auf Einladung der EU und der USA am 17. November ein Ministertreffen des Global Methane Pledge (GMP) statt, um eine erste Zwischenbilanz zu ziehen. Es wurde u.a. ein GMP Food and Agriculture Pathway vorgestellt. Damit sollen die Ziele für Klima und Ernährungssicherheit durch neue Maßnahmen zur Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität, zur Verringerung von Lebensmittelverlusten und -abfällen ergänzt werden und damit die Lebensfähigkeit der Landwirtschaft in der Zukunft verbessern.

Kritiker fordern vom Global Methane Pledge transparentere und umfassendere Methanprüfungen sowie die Formulierung konkreter und zeitbezogener Unterziele. Andere beklagen, dass die Massentierhaltung geschont werde und – wie bei anderen COP- Veranstaltungen – Fortschritte durch Ankündigungen und Finanzzusagen beschrieben würden, aber nicht durch die tatsächliche Reduzierung von Emissionen.

Immerhin: Die Teilnehmer des GMP-Ministertreffens während der Klimakonferenz wurden vom Besuch des chinesischen COP-Delegationsleiters überrascht, obwohl China kein GMP-Mitglied ist. Er kündigte für den weltgrößten Methan-Emittenten einen nationalen Aktionsplan zur Reduzierung der Emissionen an. Dieser sei fertig, aber noch nicht bewilligt. Nun gibt es Hoffnung, dass China doch dem Global Methane Pledge beitritt.

Prträt: Ulrich Post, Leiter Team Grundsatzfragen.
Ulrich Post Mitglied im Redaktionsbeirat

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